Schöne Argumente brauchen hübsche Fakten und sexy Anekdoten.
Dann plötzlich der Verrat:
Anlässlich der Eröffnung der ersten deutschen Bahnverbindung am 7. Dezember 1835 zwischen Nürnberg und Fürth warnte angeblich das bayerische Obermedizinalkollegium: Bahnfahrten schneller als 30 Kilometer pro Stunde würden bei den Reisenden wie bei den Zuschauern unfehlbar schwere Gehirnerkrankungen, eine Art Delirium furiosum, erzeugen. Doch diese Warnung ist erfunden. Bahnhistoriker wie Wolfgang Mück konnten kein Obermedizinalkollegium in Bayern um 1835 entdecken. Das Gerücht geht wohl auf eine Polemik des national gesinnten Historikers Heinrich von Treitschke zurück. Gleichwohl führte Hitler die vermeintliche Bahnkritik in seinem Buch Mein Kampf als Beispiel für Technikfeindlichkeit an.
Harro Albrecht: Physiologie der Raserei in DIE ZEIT, 08.09.2005, Nr.37.
Wenigstens ist Hitler schuld. Das macht es einfacher.
(Wir sind ja beide eher für die Form als für Inhalte bekannt.)
Die Daten verwischen meinen Maskara aber du erkennst mich hoffentlich auch ungeschminkt. (Wie viele Kippbilder sind wohl noch im Repertoire versteckt?) Die Geschichte bleibt Ressource, muss aber im Zuge eines nachhaltigen Narrativmanagments recycelt werden.
[…] die Stellungnahmen zu den Fragen der nationalen Selbstbehauptung erinnern uns sehr stark an die Gutachten ähnlicher Sachverständiger in früheren Zeiten, zum Beispiel des bayerischen Medizinalkollegiums anläßlich der Frage der Einführung der Eisenbahn. Alle Befürchtungen dieser erlauchten Korporation von damals sind später bekanntlich nicht eingetroffen; die Reisenden in den Zügen des neuen „Dampfrosses“ wurden nicht schwindlig, die Zuschauer auch nicht krank, und auf die Bretterzäune, um die neue Einrichtung unsichtbar zu machen, hat man verzichtet nur die Bretterwände vor den Köpfen aller sogenannten „Sachverständigen“ blieben auch der Nachwelt erhalten.
Adolf Hitler: Mein Kampf – Band 1 und 2, 855. Aufl. 1943, S. 233f..
In der Volkshochschule bieten sie jetzt den Kurs Postfactual-Storytelling-Skills an („Egal ob Web-Blog, YouTube Kanal oder Podcast. Schneller finanzieller Erfolg garantiert!“ – Kursgebühr: 8,50 Euro) aber ich interessiere mich für Trotz Kommunikation L(i)eben („Sei spontan! Sei kreativ“ – Kursgebühr: 15.000 Euro).