Monat: September 2018

16.09.2018

Weißt du noch? Am Anfang hast du mal gesagt, dass du jemanden suchst, mit dem du ohne schlechtes Gewissen und Mühe ziellos einen Sonntag verbringen kannst. Jemanden, der mit dir gemeinsam das Kopfsteinpflaster abnutzt und sich mit dir lustvoll und voller Selbstmitleid an der Frage quält, ob man noch ein Stück Kuchen essen sollte, und wenn ja. Weißt du noch?

Nein. Aber dann wäre die Erinnerung bestimmt auch nicht so schön geformt.

15.09.2018

Auf dem Balkon lesend, mit nassen Haaren und in eine Decke gewickelt („Hol dir nichts, Kind!“), mit einem als Cappuccino getarnten Kakao und Ausflugsproviant, der nie das Haus verlassen hat. Zuhause ist auch schön.

14.09.2018

Alles steh’n und liegen lassen und aufspringen (schick machen nicht vergessen) um alles geh’n und steh’n zu lassen.

13.09.2018

An der Kasse erschien mir das Schokoladeneis mit Browniestückchen (500ml), welches ich hungrig und unterzuckert auf dem Weg nach Hause gekauft hatte, noch eine sehr gute Idee zu sein. Im Grunde sogar als die einzig Logische und Vernünftige in dieser Situation. Endlich hatte es sich mal gelohnt, neben dem Taschenmesser und dem dreiteiligen Nagelpflegeset auch immer einen Löffel im Rucksack zu haben. Für Notfälle wie eben diesen.

Schon auf dem S-Bahnsteig kamen mir aber die ersten Zweifel. Nicht wegen der zu erwartenden Übelkeit am Boden des Pappbechers oder der unvermeidbar darauf folgenden Selbstverachtung, sondern weil ich in meiner Gier die Existenz anderer Menschen auf dem Heimweg komplett vergessen hatte – die mich mit dieser Gier beobachten. Das Eis heimlich hinter dem Bahnhof essen war aber keine Option. Warten auch nicht, denn Eis schmilzt. Also musste ich versuchen möglichst cool zu bleiben und gelangweilt aussehen. Als wäre es das normalste und alltäglichste der Welt an regnerischen Septemberabenden in der S-Bahn einen großen Becher Schokoladeneis zu löffeln. Alles eine Frage des Selbstbewusstseins.

Soweit der Plan. Leider war die Bahn aber sehr voll. So voll, dass kein Sitzplatz mehr frei war, aber gleichzeitig irgendwie doch leer genug um von jeder Position im Waggon aus bequem beobachtet werden zu können. In den Blicken der Anwesenden entdeckte ich Neid, Bewunderung und Verachtung, aber vor allem viel Aufmerksamkeit für mein Vorhaben. Außerdem stellte sich schnell heraus, dass ich unterschätzt hatte, wie schwer es ist freihändig in der fahrenden S-Bahn Eis zu löffeln und dabei gelangweilt auszusehen. – Verdammt.

Nur so viel: Mit solch betont lässig und gleichzeitig konzentrierter Körperspannung habe ich mich vorher noch nie irgendwo angelehnt. Das Eis war auch ganz OK. Glaube ich. Dafür hat die Aufmerksamkeit leider nicht mehr gereicht.

12.09.2018

Gibt es da nicht eine App für?

Eine App? Wofür?

Naja, du weißt schon. Für die Probleme. Eine technische Lösung. Eine Innovation. Ein Start-Up mit einer Lösung, die sich auch wie ein Lösung anfühlt. Neu, aber irgendwie vertraut und einfach zu verstehen, aber gleichzeitig technisch hochkomplex. Der Algorithmus. Du verstehst.

Jaja. Aber kostet das dann nicht Geld?

Vielleicht. Aber vielleicht gibt es auch eine kostenlose Variante mit Werbung und Datenschutzproblemen und In-App-Käufen.

Klingt gut, aber ich glaube mein Speicher ist voll.

War ja nur eine Idee.

11.09.2018

Sobald die Deckung unten ist, wieder

Meiner Beobachtung nach bist du glücklich solange du gezwungen bist dich anzustrengen und an deine eigene Grenze zu gehen, und wirst unzufrieden, sobald du das nicht mehr musst und es dann auch nicht mehr tust. […] Hör doch mal auf Sachen so zu nehmen, wie sie dir gegeben werden. […] Du bist Stolz auf die Art wie du über den Dingen stehst, aber mir fehlt die Involviertheit, die Bereitschaft dich nicht nur vor mir verletzlich zu machen und die Bereitschaft wohlwollend zu sein – sowohl anderen gegenüber als auch dir selbst.

trotz Schneidersitz, Übung und Erfahrung.

10.09.2018

Und wieder Hilde Domin