Monat: Juni 2019

23.06.2019

Die in Erinnerung gerufene Sehnsucht nach der Bereitschaft zum spontanen Als-Ob, verkörpert durch eine Gruppe männlich gelesener Mitglieder des privilegierten Kreativproletariats an einem lauen Sonntagabend auf einem für mehrere hundert Euro bepflanztem Balkon im Rotlichtviertel Nürnbergs. (Arbeistitel)

22.06.2019

Import / Export: Großbritannien | Staatstheater Nürnberg

Vom ersten Stück bekomme ich nicht viel mit, weil ich die Nacht schlecht geschlafen hatte und um halb sechs aufstehen musste. Irgendwann bekomme ich ein gelbes T-Shirt zugeworfen, verpasse aber warum.

Beim zweiten Stück bin ich vom Pärchen hinter uns abgelenkt. Sie haben als einzige nicht mitbekommen, dass wir die Kopfhörer und Augenbinden wieder abnehmen sollten. Auf mehrfaches Anstupsen reagieren sie nicht. Dann beginnen sie irgendwann aneinander herumzufummeln.

21.06.2019

Ein Wikingerkrieger, geschmückt wie ein Indianerhäuptling und gebaut wie ein feuchter Männlichkeitstraum rechtsradikaler Comicnerds steht auf einer Klippe und hüllt sich brüllend in einen Sturm. Seine Hände greifen blutverschmiert nach den Blitzen, seine Stimme sprengt den Fels und sein Wille formt das Auge des Orkans. Im Kegel aus Licht ist es still, die Gischt verdampft auf seiner Haut. Er schwebt hinab zur Wasseroberfläche und da wo seine Füße die Wellen berühren, erstarren sie und tragen. So tanzt er aufs Meer hinaus.

20.06.2019

Das Seminar zur Affektpolitik und Strategien der Neuen Rechten im Internet nagt an Hoffnungen und Idealen, die mich vor zehn Jahren politisiert haben. Im Radio heißt es, dass Politiker und Redaktionen Drohmails bekommen haben in denen der Mord an Lübcke als Beginn einer „Phase bevorstehender Säuberungen“ beschrieben wird. Gleichzeitig sagen CDU-Politiker, dass man das „nationale“ wieder mit dem „sozialen“ versöhnen müsse.

19.06.2019

Der Plan ist ganz einfach: Ich ziehe mir die automatisch generierten Untertitel aus Videos der Alt-Right, übe daran mit Sprachanalysetools umzugehen, werbe mit den Ergebnissen Forschungsgelder für eine Untersuchung projizierter/inszenierter/verloren geglaubter Körperlichkeit in Digitalmedien mit dem Schwerpunkt Podcasts ein, stelle mit dem Geld Sprachforscher und Programmierer ein, lasse mir von denen die Tools bauen, die ich eigentlich gerne hätte und kann mich dann wieder auf den kulturwissenschaftlichen Teil zurückziehen.

18.06.2019

Berlin, nur in NRW und am Waldrand und mit Seen,  ohne Hügel oder Strand, aber mit mindestens sechs Zimmern und unabhängig vom Einkommen.

17.06.2019

Wir sitzen im Bibel-Lesekreis, nur ohne Bibel und Habermas nickt zustimmend, weil wir den Vergleich nicht scheuen. Heute ist das Kapitel über Erwartungen dran. Die Unausgesprochenen, stumm antizipierten und die schamvoll Eingestandenen. Außer Jürgen, Laura, Bärbel und mir sitzt noch eine fünfte Person am Tisch. Jürgen ignoriert sie, ist vielleicht aber auch nur eingeschlafen, Laura sieht nur eine Projektionsfläche, Bärbel beharrt stur darauf, dass es sich bei ihr um meine Mutter handelt, aber mich erinnert sie eher an meine erste Liebe. Vielleicht schließt sich das aber auch nicht aus. Weil sie nur ein Symbol ist, darf sie selber nichts dazu sagen.