Monat: März 2021

24.03.2021

Am Nachmittag entscheide ich mich, den (Nach-)Mittagsschlaf abzubrechen und stattdessen ein Eis essen zu gehen. Weil mir die Schlange vor dem Laden zu lang ist, gehe ich stattdessen zum angesagten Bäcker zwei Straßen weiter und stelle mich in die genauso lange Schlage, um dann das doppelte für zwei Brezeln auszugeben. Fans fragen mich oft, ob so ein aufregendes Leben voller unerwarteter Momente nicht sehr anstrengend ist, aber ich bin es mittlerweile gewohnt.

23.03.2021

Am schlimmsten fühlen sich immer die Kleinigkeiten an. Das Brett, das ich nicht mehr gekauft habe, die eingerissene Bastelkiste, die unbeantwortete Nachricht oder der Knopf, der schon seit Tagen wieder angenäht werden will. Aber eben auch am schönsten. Das Eichhörnchen auf dem Baumstamm, die frischen Blumen auf dem Küchentisch, der vertrauensvolle Moment nach dem Abendessen oder die unerwartete Sprachnachricht. Und dann fällt mir wieder ein, dass die anderen Sachen, die sich groß und wichtig Gebären, die eigentlichen Kleinigkeiten sind. Und wenn ich das noch zwanzigtausendmal durchlebe und aufschreibe, dann rückt der Moment der Erkenntnis vielleicht irgendwann so nah an den Moment der Verzweiflung heran, dass sie sich den Augenblick teilen.

Aber die Intensität des Pendels macht ja auch süchtig (und an einer Sucht leiden zuerst die Anderen). Gleichmut ist auch eine Schwitzkastendrohung.

22.03.2021

Vierzig Minuten für zwei kurze Mails (Tonalität) und dann erst 77, beim zweiten Versuch sogar 101 Anschläge pro Minute (Zehnfingertippen). Die Fehlerquote tut nichts zur Sache. Neuer Job, neue Tastatur, neue Internetbekanntschaften. Übung Übung Übung Übung. Aber die nervt halt und für die Muskeln gibt es keine bunten Prozentangaben und Fortschrittsbalken, die tun einfach nur weh.

21.03.2021

Doch lernfähig? Für die Folienauskleidung im zweiten und dritten Hochbeet brauche ich mit dem Handtacker nur halb so lang wie für das erste. Schreiben, laute Musik, ein geöffnetes Fenster, schöne Bilder und Essays helfen Abstand zu gewinnen, aber zu Hause verdränge ich die aufgestaute Lust und Frust später dann doch mit Chips, Eiscreme und strategischer Trägheit. Lernfähig heißt halt noch nicht ausgelernt.

20.03.2021

Die Umarmung in der Stille des Hauseingangs, nachdem die Mitbewohner Gäste verabschiedet wurden. Übelster Vorstadtkitsch der allerschönsten Sorte. Dabei wohne ich hier nur auf dem Papier.

19.03.2021

Viel Geschreibe heute
einprägendes Schreiben („Learnings“ der Emotionsforschung)
aneignendes Schreiben (Grundlagen der Berliner Bezirks- und Landespolitik)
bearbeitendes Schreiben (Angst und Eifersucht umkrempeln)
erlernendes Schreiben (Zehnfingersystem)
vermittelndes Schreiben (Mahlzeiten organisieren)
gestaltendes Schreiben (Metaphern polieren)
und archivierendes Schreiben.

18.03.2021

Ich probiere etwas aus, das sich manchmal Primal-, mal NaturalMovement oder Animal Flow nennt. Vielleicht sind das aber auch alles ganz unterschiedliche Sachen. Was ich da versuche nachzumachen, lässt sich als Mischung aus Yoga, Bodenturnen und Figuren aus dem zeitgenössischen Tanz beschreiben. Wikipedia nennt das „die Kombination verschiedener Körpergewichtstrainingsdisziplinen“ und das klingt natürlich schon viel männlicher als Yoga, Turnen und Tanz, aber weil das immer noch nicht ausreicht, um mit fragiler Maskulinität rhythmisch in Bodennähe zu schwitzen, muss das Oberteil aus und die Figuren haben Namen wie „das kauernde Biest“. Der muskulöse Trainer im Video bewegt sich mit der Stoppuhr in der Hand, damit bloß niemand vergisst, dass das hier Sport ist.