Jahr: 2021

12.03.2021

In Stresssituationen klammere ich mich an die Beherrschbarkeit der Alltagswelt. Als zum Beispiel die Welt zusammenbrach, als mir zum zweiten Mal das Herz gebrochen wurde, da konnte ich nur noch an das Müsli ohne Roggen denken, den ich für sie gekauft hatte. Ich hatte doch alles richtig besorgt, alles bedacht und alles vorbereitet und trotzdem zerfiel alles unter meinen Füßen. Wenn ich rastlos bin, dann putze ich und bei Müdigkeit halte ich mich wach.

Heute stand ich in einem Supermarkt, in dem ich selten bin, wo ich nicht genau weiß, wo alles steht und zu dem ich sonst auch nicht gegangen wäre, aber der Einkauf war der Vorwand für einen Spaziergang, weil mich schonen zu wollen, mich noch viel rastloser macht, als mich mit Schokolade und YouTube zu betäuben. Kurz vorher hatte ich noch eine Mail erhalten und auf dem Weg aus dem Haus in den Briefkasten geblickt und noch unterwegs über ein Gespräch vom Vortag nachgedacht und wie ich dann mit Maske, aber ohne Abstand im Supermarkt stand und nach Dingen suchte, die ich gar nicht dringend brauchte, da glitt mir die Alltagswelt aus den Händen. Mein Herz begann zu rasen, der Blick wurde unruhig, die Regale kamen auf mich zu und waren doch wie alles andere, wie auch ich von mir weit weg.

In der Wikipedia steht, dass Menschen Panikattacken oft selber gar nicht als solche erkennen. ich verstehe schon warum. *Panik* und *Attacke*, das klingt nach Ohnmacht, nach Heulkrampf, nach sichtbarem Kontrollverlust und Schock und nicht, als müsse man sich an der Kasse auf den PIN konzentrieren und ohne Umwege schnellen Schrittes auf die Couch zurückkehren.

11.03.2021

Eine mehrdimensionale Schatzkiste aus schwerem, dunklem Holz voller Wurmlöcher, Messingbeschläge, Schlösser und Scharniere. Sie hat keinen Boden und keine Wände, nur Deckel, Klappen und Türen. Sie hängt schwebend in der Luft, so circa anderthalb Meter über dem Boden, dreht sich langsam und summt. Vielleicht habe ich in der letzten Zeit zu viele Science-Fiction Romane gelesen, aber ich bin mir sicher, dass es ein Hologramm ist. Nur weiß ich mit der Erkenntnis gar nichts anzufangen.

10.03.2021

Ich will ja zuhören, aber beobachte dann doch vor allem meine eigenen Augenringe und lächele testweise in die Kamera, um zu überprüfen, ob es überzeugend aussieht. Hat mir jemand dabei zugesehen? Ich will endlich wieder gemeinsam am selben Tisch sitzen, damit ich sehen kann, welcher Blick mir gehört.

09.03.2021

In der Dokumentation Antarktis – Die Reise der Pinguine nicht zu verwechseln mit Die Reise der Pinguine geht es erstaunlich wenig um die Reise von Pinguinen. Zwar gab es bei ARTE kurz die Überlegung den Film Zwei französische Fotografen reisen in die Antarktis, um zu tauchen und unter anderem auch Pinguine zu beobachten, obwohl der eigentliche Marsch der Tiere über das Packeis nur wenige Minuten des Films ausmacht zu nennen, dies wurde jedoch von der Marketingabteilung abgelehnt, weil französische Fotografen laut Umfrageergebnissen bei Tierfilmfans als kompliziert und als Schneckenfresser gelten. Stattdessen wurde also der leicht veränderte Titel des Kassenschlagers von 2005 gewählt. Kurz stand auch noch Die Wanderung der Kaiserpinguine zur Debatte, aber „Wanderung“ klang dann doch zu anstrengend und bei der Beschränkung auf Kaiserpinguine hätten es zu unangenehmen Diskriminierungsdebatten kommen können, da auch andere Pinguinarten im Film vorkommen. Sicher ist sicher.

08.03.2021

Missverständnisse so zum Haare raufen, dass der Trotz gar nicht mehr so ins Gewicht fällt. Warum fühlt sich das Timing denn immer so schlecht an? Gehackte Systeme, Vertragsverhandlungen, Arzttermine, Grundsatzfragen, gepackte Picknickkörbe und frisch gewaschene Kuscheldecken, aber laut Wettervorhersage nur Regen. Ich weiß, weil wir uns nur dann daran erinnern. Der schlechte Schlaf bei Vollmond. Timing ist eine Erfindung der Steinzeitmenschen, um den Donner zu erklären. Aber ich meine genau wie die eben nicht warum, sondern wieso. (Oder war es andersherum?)

07.03.2021

Im Park treffe ich den Bundespräsidenten und er diktiert mir einen Brief. Zum Glück habe ich etwas zum Schreiben dabei, so auf dem Schoß ist es aber etwas unleserlich und er hat auch keine Briefmarke oder Wechselgeld dabei, was etwas ärgerlich ist, aber wenn ich kleine Münzen extra im Einkaufswagen stecken lassen, dann riskiere ich ja auch, dass die jemand nimmt, der sie eigentlich nicht nötig hat.

06.03.2021

Schleimgeschmack im Mund, als wäre der Rachen ein versiffter Abfluss und dann doch nicht Joggen, weil Putzen, Einkaufen und Treppensteigen dann doch schon anstrengend genug ist. Die Art von Fahrigkeit, bei der ich hungrig in die Küche komme und erstmal weiter putze, um die Ordnung und Kontrolle zurückzubekommen. Wenn ich schon den Laufkalender schwänze und mich vom REWE überfordert mit einer Tafel Schokolade an der Kasse wiederfinden, dann wenigstens mit sauberem Waschbecken.