Monat: Mai 2022

24.05.2022

In einen Raum kommen, wo mich so viele Menschen freudig beim Namen begrüßen, wann gab es das denn das letzte Mal? Wahrscheinlich etwa zur gleichen Zeit, als ich das letzte Mal vor dem Problem stand, bei dem langweiligen Teil einer Sitzung nicht einfach auf einem anderen Bildschirm weiterarbeiten zu können. Aus dem Notizbuch wird wieder ein Notizen- und Skizzenbuch. Freut mich auch, dich wiederzusehen! (Ne, wirklich!)

23.05.2022

Erst mal die Musik lauter machen, um die ganzen Kontexte, Settings und Atmosphären miteinander zu verweben. Um die Rührung und den Ärger auswalzen. Aber auch als Fazit für die ToDo’s und Strichlisten und damit die Nachrichten aus der Welt und die aus dem Postfach zueinanderfinden. Zum Schlucken, Verdauen und als Abführmittel. Zum gewiegt und geschüttelt werden. Erst mal die Musik lauter machen und später dann ganz langsam wieder leiser, wenn die Worte müde werden.

22.05.2022

Es gibt so viel zu fühlen, ich weiß gar nicht, wohin damit.

Ich fühle mit dem Paar in den Videos auf der Leinwand im Theater, deren esoterisches Gerede im Laufe der Vorstellung immer wahnhafter wird. Ich fühle mit der DJ, die ihr Set am Kanal unterbrechen muss, weil sich ihr Interface, die Anlage und ihr Anspruch an die Härte ihrer Bässe nicht miteinander vertragen. Ich fühle mit dem Hund, der immer wieder mit einer bei jedem Wurf kleiner werdenden Wurzel zurückkommt, weil ich mich sorge, dass er das vielleicht nur macht, damit wir uns nicht langweilen.

Es gibt so viel zu fühlen, ich weiß gar nicht, wohin damit und nehme deshalb noch ein paar Chips, ein Stück Kuchen und mehrere Maiswaffeln, damit im Magen kein Loch und kein Unterdruck entsteht, der die fremden Gefühle einsaugt, umkrempelt und zu eigenen macht.

21.05.2022

Morgentoilette. Im Bad schließe ich noch schnell mein Handy an das Radio im Schrank an. Auf Soundcloud begrüßt mich ein neuer Mix von OTHER PEOPLE, dem Label von Nicolas Jaar. Perfekt. Der Mix heißt „Would It Sound Just As Bad If You Played It Backwards?“ und fängt ohne Intro direkt an. Es zischt und knarrt und rauscht aus den Lautsprechern, begleitet von einem tiefen Dröhnen, das langsam lauter und leiser wird. Interessant. So wörtlich hatte ich den Titel gar nicht verstanden. Es klingt wirklich schlimm. Aber doch irgendwie spannend, denke, ich während ich den Bart trimme. Das Geräusch des Rasierapparats fügt sich auch ganz gut in die Klangfläche ein. Rückwärts abgespielt wäre das ja genauso ein Dröhnen. Während ich die Rasiercreme im Gesicht aufschäume, muss ich an das erste Drone/Noise Konzert denken, in das ich junger Erwachsener geraten war. Eine 30 Minuten lange hämmernd sägende Wand aus Rauschen, hart an der akustischen Schmerzgrenze in einem dunklen Raum, in dem nur die Synthesizer der ausdruckslosen Performer beleuchtet waren. Nach etwas mehr als der Hälfte der Zeit hatte ich geschafft, mich auf das Erlebnis als sinnliche Überforderungserfahrung einzulassen und begann die Nuancen des Lärms zu entdecken. Schon fünf Minuten später wollte ich dann aber nur noch, dass es endlich vorbei ist. So schlimm ist dieser Mix nicht, aber doch eine Herausforderung. Eine Herausforderung, die ich annehme, beschließe ich und drehe, bevor ich die Dusche steige, noch mal lauter. Am Radio fällt mir dann mein Fehler auf. Ich hatte den Drehknopf nicht bis nach AUX gedreht, sondern nur bis AM. Das FM-Rauschen hätte ich erkannt, mit UKW bin ich aufgewachsen, aber für Mittelwelle bin ich dann doch zu jung. Peinlich. Aber auch genau das, worüber ich mit J. noch vor ein paar Tagen gesprochen hatte. Um dazuzugehören und um sich locker für die Kunst zu machen, wird oft nicht nur der Mantel an der Garderobe abgegeben. Gleich der ganze Kopf.

20.05.2022

um halb fünf wache ich auf
um halb sechs stehe ich auf
um sieben rolle ich die Yogamatte zusammen
um acht tippe ich
und um neun und um zehn immer noch
dann wird gefrühstückt und die Wäsche aufgehängt
Ordnung muss sein
zumindest ein bisschen
in Zukunft aber bitte etwas weniger
nehme ich mir vor
nur bei der Küche
da bin ich mir noch unsicher
um elf und zwölf tippe ich weiter
um eins verschicke ich eine Sprachnachricht
um zwei fahre ich kurz zum Optiker
um fünf bin ich zurück
und um sechs sitze ich auf dem Balkon
drei Stunden später als geplant
also tippe ich um sieben und acht wieder
aber anders als vorher
trotzdem erleichtert
muss man dabeigewesen sein
ich schreib doch nicht alles auf

19.05.2022

Ich träume viel zu realistisch kritisch: Schon das zweite Mal in wenigen Wochen bekomme ich im Traum eine Schallplatte geschenkt oder packe sie zumindest aus. Ich stelle sie zu den anderen wenigen Schallplatten ins Bücherregal (links unten), von denen ich weiß, dass ich sie auch im Traum bekommen habe. Dabei habe ich gar keinen Plattenspieler. Nicht mal einen CD-Player. Nicht mal im Traum.

18.05.2022

Die Kursleiterin sagt: „Everyone find a place in spain äh space.“, und alle finden es unironisch toll, weil egal ist, ob Spanien, der Weltraum oder das Studio gemeint ist, Hauptsache ein Platz an der Sonne.