Jahr: 2022

28.05.2022

Die Sozialkaterhypothese bestätigt sich. Beim zweiten Geburtstag wurde es ähnlich spät, aber mir fiel die Verabschiedung leichter und heute auch die Müdigkeit.

Der Aufbruch zu T und A und der Hütte am See verzögert sich deshalb. Erst geht es mit der S-Bahn nach Süden und dann noch mal anderthalb Stunden mit dem Fahrrad durch die Wälder und Felder hinter dem Speckgürtel. Der Ausflug ist auch eine dieser Sachen, die zwar im Kalender stehen, aber erst unterwegs real werden. Was mache ich hier eigentlich? Achso ja, trampeln.

Kaum angekommen und eine Tasse Tee in der Hand, verabschieden sich die Energiereserven in den Feierabend. Alles wird ruhig, obwohl wir uns die ganze Zeit unterhalten und der Wind die Eichen schüttelt. Muss eine Kopfsache sein. Bleibst du über Nacht? Gerne. Ich wüsste auch nicht, wie ich von diesem Sofa noch mal aufstehen sollte. Von meinem Platz aus habe ich einen guten Blick in den Garten auf den See. Als es irgendwann zu dunkel wird, um die Wellen zu erkennen, drehe ich den Kopf nach rechts und schaue stattdessen ins Feuer. Schön.

27.05.2022

Katertag. Nicht vom Alkohol, sondern her ein Sozialglückskater. Der Kater von einem Abend, bei dem ich gerne und ausführlich die Verabschiedungsrunde mache und nicht aus Pflichtbewusstsein oder mich gar heimlich davonstehle.

26.05.2022

Um Viertel nach sechs stehe ich am Straßenrand und reiche die Tasche mit dem Proviant und einen Kaffee im nie zurückgebrachten Pfandbecher ins Auto. Gute Fahrt und fallt nicht vom Berg. Winken wäre übertrieben, oder? Aber da ist das Auto schon hinter einer Ecke verschwunden und ich schon auf dem Weg zum Aufwärmbäcker (2 Croissants für 1,20 €). Davor wartet eine ältere Frau auf einen Bus, der nicht kommt, wegen der Baustelle, versuche ich ihr zu erklären, aber sie spricht kein Deutsch und weil ich auch nicht herausbekommen kann, mit welcher Linie sie fahren will, deute ich nur ungefähr in die Richtung der Ersatzhaltestellen. Das reicht ihr schon, aber sie weiß ja auch noch nicht, auf wie viele Ersatzhaltestellen dieser Halt aufgeteilt wurde. Den ganzen Rückweg sorge ich mich für sie mit. Aber nur ein bisschen. Dann gibt es Croissants.


Natürlich verfolge ich den Amber Heard/Johnny Depp Prozess, ich schaue ja auch Raketenstarts und hätte fast den ESC geguckt, wenn ich nicht doch bessere Sachen zu tun gehabt hätte. Endlich mal wieder ein Thema über das alle reden und das weder mit toten Kindern, noch mit dem Ende der Menschheit zu tun hat. Und das beste: Egal, zu welcher Tageszeit ich mein Handy zücke, gibt es neue Highlights, Reaktionen und Memes. Die Contentmühle ackert in allen Zeitzonen. Der Livestream ist dabei gar nicht so wichtig, denn obwohl jede Geste analysiert wird, spielt die eigentliche Geschichte ja in der Rezeption und nicht im Gerichtssaal. Das, wofür der Prozess steht, macht ihn so tragisch, aber auch so spannend. Wie soll ich da denn nicht hinsehen?

25.05.2022

Geselligkeitskater. Kleine Augen und faserige Gedanken, einen halber Meter hinter mir. – Guck nicht so entrückt, sondern setz dich in den Schaukelstuhl, müder Zirkusbär. Hast du gar nicht mitbekommen? Tiere in der Manege wurden abgeschafft, es tanzen nur noch Hologramme. Die sind auch viel günstiger, nur was die Duftkanonen kosten würden, hatte man völlig unterschätzt. Authentischer Kamelmuff ist sehr teuer.

24.05.2022

In einen Raum kommen, wo mich so viele Menschen freudig beim Namen begrüßen, wann gab es das denn das letzte Mal? Wahrscheinlich etwa zur gleichen Zeit, als ich das letzte Mal vor dem Problem stand, bei dem langweiligen Teil einer Sitzung nicht einfach auf einem anderen Bildschirm weiterarbeiten zu können. Aus dem Notizbuch wird wieder ein Notizen- und Skizzenbuch. Freut mich auch, dich wiederzusehen! (Ne, wirklich!)

23.05.2022

Erst mal die Musik lauter machen, um die ganzen Kontexte, Settings und Atmosphären miteinander zu verweben. Um die Rührung und den Ärger auswalzen. Aber auch als Fazit für die ToDo’s und Strichlisten und damit die Nachrichten aus der Welt und die aus dem Postfach zueinanderfinden. Zum Schlucken, Verdauen und als Abführmittel. Zum gewiegt und geschüttelt werden. Erst mal die Musik lauter machen und später dann ganz langsam wieder leiser, wenn die Worte müde werden.

22.05.2022

Es gibt so viel zu fühlen, ich weiß gar nicht, wohin damit.

Ich fühle mit dem Paar in den Videos auf der Leinwand im Theater, deren esoterisches Gerede im Laufe der Vorstellung immer wahnhafter wird. Ich fühle mit der DJ, die ihr Set am Kanal unterbrechen muss, weil sich ihr Interface, die Anlage und ihr Anspruch an die Härte ihrer Bässe nicht miteinander vertragen. Ich fühle mit dem Hund, der immer wieder mit einer bei jedem Wurf kleiner werdenden Wurzel zurückkommt, weil ich mich sorge, dass er das vielleicht nur macht, damit wir uns nicht langweilen.

Es gibt so viel zu fühlen, ich weiß gar nicht, wohin damit und nehme deshalb noch ein paar Chips, ein Stück Kuchen und mehrere Maiswaffeln, damit im Magen kein Loch und kein Unterdruck entsteht, der die fremden Gefühle einsaugt, umkrempelt und zu eigenen macht.