Monat: Oktober 2023

31.10.2023

Eine Mandel rutscht aus meiner vollen Hand und landet irgendwo auf dem mandelfarbenen Fußboden. Die Dielen geben und die Dielen nehmen. Irgendwann werde ich auf sie treten. Irgendwann wird ihre Zeit gekommen sein und sie kehrt zurück, aber heute bücke ich mich nicht einmal.

30.10.2023

So funktioniert das Gedächtnis. Ich habe Karate Kid nie gesehen und trotzdem erinnere ich mich beim Lasieren des Bretts an die Szene.

29.10.2023

Ende der Sommerzeit steht im Kalender, dass wir Besuch hatten und dass ich krank war.

28.10.2023

Alle dürfen ihre Wut in den Kohl kneten und am Ende kleiner Fermentiertütchen mit nach Hause nehmen. Was das ganze jetzt mit den Reichen zu tun hat, erschließt sich mir nicht ganz, aber um die geht es dann auch eher nur, weil „Feed the rich“ so gut über die Zunge geht. Eigentlich geht es um die Knetenden und wie sie nicht ihre Wut, sondern ihr schlechtes Gewissen in den Kohl, dass sie sich mit Selbstreferenzialität und hübschem Design abspeisen lassen, statt für ihre Ideale unironisch einzustehen.

27.10.2023

Lustpriorisierung steht ganz oben auf der To-do-Liste und so was nehme ich ernst, bestelle noch einen zweiten, diesmal entkoffeinierten Cappuccino, Lust heißt ja nicht gleich Exzess, irgendwann will ich heute ja auch noch schlafen, das kann ja auch lustvoll sein, so eine Müdigkeit, ist sie aber meistens nicht, weil ich die Lust nicht priorisiert habe, dann kann ich die Müdigkeit nicht genießen, es geht am Ende doch immer um eine gut gemachte Liste, einen Kalender in verschiedenen Farben, Boxen zum Abhaken oder Ausmalen, entspannt müde werden von acht bis kurz nach zehn, zufrieden einschlafen gegen elf.

26.10.2023

Tolle Blutwerte. Mein Hausarzt schickt sie mir sogar per Mail zu, damit ich sie ausdrucken und rahmen lassen kann. So wie mein Zahnarzt, bei dem die Behandlungszimmer mit Zertifikaten und Teilnahmebescheinigungen tapeziert sind. Nur die Ernährung könnte ein bisschen besser sein. „Noch besser?“, rufe ich empört aus, während mich der Schmerz aller im Supermarkt zurückgelassenen Schokoladentafeln der letzten Wochen auf einmal durchfährt. Er seufzt: „Spüren sie denn noch einen Funken Genuss beim Essen?“ – „Ja, schon.“ – „Dann geht das noch besser.“

25.10.2023

Ich bin immer noch krank, aber um das Haus heute zumindest einmal verlassen zu haben, mache ich am Nachmittag mit meinem MacBook einen Spaziergang zu einem Café, um für eine halbe Stunde meinen Teil zur Gentrifizierung des Viertels beizutragen. Wenn jeder seinen Teil leistet, dann können wir uns das bald alle nicht mehr leisten, denke ich gerührt. Wahre Selbstlosigkeit versaut sich den Geschmack des Flat Whites mit einem Halsbonbon.