Jahr: 2024

19.01.2024

Nach mehreren Monaten Baustelle auf dem Nachbargrundstück habe ich heute zum ersten Mal den Mann gesehen, der den Kran steuert. Seine Sicherheitsjacke leuchtet genau so Demut einflößend grell, wie der über alles ragende Arm des Stahlkolosses in der Nachmittagssonne. Die Steuerungseinheit, die Insignien seiner Macht, ruhen lässig vor seinem ausladenden Bauch. Er muss nicht dort oben sein, um alles im Blick zu haben. Breitbeinig, den Kopf im Nacken, herrscht er vom Bordstein aus. So kritisch und gleichzeitig gelangweilt schaut nur jemand, der wirklich alles unter Kontrolle hat.

18.01.2024

Die Straße alte nasse Pappe, alle Amazonpakete der Nachbarschaft ausgebreitet, weiß angemalt und die Heizung runtergedreht.

17.01.2024

Ist er Trainer oder Schiedsrichter, wenn er erzählt, dass er in einer Situation jemanden vom Spielfeld nimmt?

Ich bin auf jeden Fall ungeduldig; mehr am Erzählstrang, am unausgesprochen des Erzählers interessiert als an den Emotionen, an den Menschen, die diesen unterbrechen.

16.01.2024

Wie sicher Eva von Redecker an einem Moment des Abends von der faschistischen Zukunft spricht. Erst lachen einige. Frankreich, Italien, Deutschland, natürlich. Dann lacht keiner mehr. Dabei soll es doch „Kein Weltuntergang“ sein. Flohsamenschalen für die Hoffnung. Gut umrühren, kurz quellen lassen und mit ausreichend Wasser nachspülen.

15.01.2024

Ein Hupkonzert schon in den frühen Morgenstunden. Mein Schlaf kann so wenig was für die Abhängigkeit der Bauern von klimaschädlichen Subventionen wie die Ampel. Naja, über die SPD lässt sich streiten. Dachte ich auch gestern als bei der Demo eine Gruppe Jusos hinter uns stand. Gespräche aus der Zeit gefallen wie die zwei Mercedes-Sterne an der Jacke des Punks kurz vorher. Politisches Cosplay. Klassenkampf-Larp.

14.01.2024

25.000 Demonstrant:innen, aber mich bricht ein kleines Schild aus Karton, von Erwachsenenhand mit Buntstiften bemalt: „Papa, warum will die AfD die Mama wegnehmen.“

13.01.2024

Wenn ich mir schon den Eintritt in die Wellness-Oase leiste, schlucke ich dann auch die Restaurant-Preise, oder nehme ich die Aufregung in Kauf, im Ruhebereich konspirativ die eingeschleuste Tupperdosen über das Wasserbett zu reichen? Ist das ein moralisches Eisbecken? Kann ich danach besser schlafen? Wie verrechnet sich das in der Gesamtentspannung des Nachmittags?