Jahr: 2021

15.08.2021

Sich nebeneinander öffnen, an der Tränengrenze Luft holen und dann frontal ineinander purzeln.
Im Zelt, am See, im Auto und hinter der sich schließenden Zimmertür.

14.08.2021

Das Belastende am Zelten ist nicht die Kälte, die Feuchtigkeit, der Dreck, die Geräusche in der Nacht und auch nicht das Kriechen und Kauern. Das anstrengende ist der Zeltplatz, die Menschen und das jede Kleinigkeit geplant und bedacht werden muss. Wann wird was, wann, wo in welcher Reihenfolge verstaut, umgeräumt, aus- und eingepackt, inklusive des eigenen Körpers. Mental Load Horror für vorausdenkende Gewohnheitstiere wie mich, die ein paar Tage brauchen, um sich in einem neuen Ordnungssystem einzurichten und/oder in den kontrolliert chaotischen Entspannungsflow aneinandergereihter Einzelmomente überzugehen.

13.08.2021

Abfahrt in Richtung Müritz im Fiat Panda ohne Zentralverriegelung und Klimaanlage (an solchen Notizen verrät sich die Klassenzugehörigkeit), aber mit geschmierten Broten, der neuen Campingausrüstung und genügend angesammelter Müdigkeit, um die Aufregung im Zaum zu halten.

12.08.2021

Hallo, die Haare werden lichter, aber der Kaffee schmeckt. Ich erzähl dir, wen man aus dem Internet auf die Bühne holen könnte (weil’s geht) und du mir, welche Bühnen man im Internet brauchen würde (weil’s muss). Dann reden wir über Beziehungsmodelle und Bedürfnisbalancen, trinken noch ehrfürchtig ein alkoholfreies Bier vor meiner Spießerblumenecke und dann war’s das auch schon wieder. Du gehst zu deiner Tante, ich knete Hefeteig.

11.08.2021

Optimismus: Jetzt zwei Tanzkurse für September und Oktober buchen.

Zynismus: Die neue Chatgruppe der Geschwister „Interessensgemeinschaft Erbgutpflege“ nennen.

Kapitalismus: Das dritte Mal diese Woche zum Baumarkt fahren.

Intellektualismus: Auch ohne Perspektive einen neuen Bibliotheksausweis beantragen.

Vulkanismus: Weiterbrodeln.

10.08.2021

Weißt du noch, wie wir vor ein paar Tagen im Restaurant saßen, man nur mit Bargeld zahlen konnte, ich keins dabei hatte und wenigstens mit meinem Kleingeld zum Trinkgeld beitragen konnte? Vorhin stand ich mit meinen Satteltaschen und dem Helm in der Hand vor dem ALDI, immer noch ohne Bargeld und jetzt also auch ohne Kleingeld für den Einkaufswagen.

Habe ich überlegt, über einen Kilometer zur nächsten Sparkasse zu fahren, Geld abzuheben, damit eine Kleinigkeit in einem Späti zu kaufen und dann wieder zurück ins Gewerbegebiet zu fahren? Natürlich. Habe ich über zehn Minuten unentschlossen und zerknautscht erst am Fahrrad, dann an den Einkaufswagen und dann wieder am Fahrrad gestanden, bevor ich mich überwunden habe, jemanden nach Geld oder nach so einem Chip zu fragen, die ich irgendwie nie als Werbegeschenk bekomme? Auf jeden Fall. Aber habe ich es schließlich gemacht? Und zeigt sich daran nicht, dass auch ich zu Fortschritt und Weiterentwicklung fähig bin, ganz praktisch und anschaulich, wie mikroskopisch klein die Schritte auch sein mögen? Jawohl!!

09.08.2021

Natürlich gab es da noch einen Tag drumherum, ein vorher und nachher, Arbeit und Papierkram, YouTube Videos, Tweets, Nachrichten, Mahlzeiten, Sport, Pausen und eine Überraschung in der Post – fällt mir noch ein, wenn ich so im Nachhinein den Vortag durchgehe, aber so wirklich kann ich mich nur an einen Ausschnitt auf dem Balkon erinnern, in dem ein Einzelner ins Freie flüchtet und gemeinsam wieder aufbricht.