In meinem Postfach sammeln sich unbeantwortete Briefe, die ich als ungelesen zu markieren pflege, um nicht zu vergessen, auf sie zu antworten. In meinem Kalender finden sich zwar regelmäßig Einträge Person X oder Y zu schreiben, aber zusätzlich halte ich die Mails noch Mahnung ungelesen in meinem Posteingang. Denn natürlich schreibe ich ihnen dann doch nicht, weil ich nicht die Ruhe oder die Zeit habe, angemessen zu antworten, oder weil ich in der falschen Stimmung für das Thema oder die Person bin oder anders gesagt: Weil ich mich davor drücke zu antworten.
Für manche mögen diese falschen ungelesenen Mails im Postfach kein Problem sein, aber ich bin ein strenger Verfechter der leeren Inbox. Aufgaben werden sofort in den Kalender übertragen, Newsletter, die einmal nerven, werden sofort abbestellt und bei Accounts achte ich penibel darauf, alle E-Mail-Benachrichtigungen sofort auszuschalten. So steht am Ende eines Tages eigentlich keine Zahl mehr neben dem Mailsymbol. Eigentlich. Wären da nicht die unbeantworteten Briefe, mit denen ich mich selber quäle, ein schlechter Freund, Bekannter, Ex oder sowieso ein schlechter Mensch zu sein.
Darum wünsche ich mir ein Plugin für mein Mailprogramm: Thunderbird Deichgraf. Der Deichgraf hat zwei Aufgaben. Nachdem ich ihm Mails zur Obhut übergeben habe (und die damit nicht mehr ungelesen markiert werden müssen), kontrolliert er sie jeden Tag und versucht anhand des Datums und einer Textanalyse festzustellen, wie viel Zeit ich mir mit der Antwort lassen kann, bevor Gefahr für das soziale Hinterland besteht. Seine zweite Aufgabe ist, mir die Dringlichkeit der Antwort mit Diagrammen und Warnungen deutlich zu machen, und zwar immer in Momenten, in denen ich vielleicht sogar Zeit für die Antwort hätte. Also wenn ich zum dritten Mal in einer halben Stunde durch Twitter gescrollt habe oder kurz bevor ich ein YouTube-Video anklicke.