21.12.2024

Wir sitzen im ersten Waggon, knapp hinter der Lok bei den ehrgeizigen Reisestrebern. Bei den gut organisierten, aber unflexiblen Frühbuchern mit Angst vor plötzlichen Veränderungen. Bei denen, die sich am Ticket festhalten, um sich vor Verspätungen zu schützen. Da wo es bei einer Überbuchung zuerst zum Polizeieinsatz kommt. Da wo je nach Hautfarbe für die Mutter mit den drei Kindern der Platz geräumt wird. Die und wir – also nur wir. Aber vielleicht wird der Zug aber auch gar nicht von vorne nach hinten belegt.

20.12.2024

Mitten im Dezember, einen Tag vor der Stadtflucht. Auf den Wegen von A nach B und C müssen noch dringende Besorgungen gemacht werden und wir treffen uns im schlimmen Einkaufszentrum am Potsdamer Platz – dem mit dem Leerstand und dem Weihnachtsmann im Innenhof, nicht dem mit dem frischen Investorengeld.

„Haben wir den gleichen Fehler nicht auch schon letztes Jahr gemacht?“
„Haben wir. Und nichts draus gelernt.“
„Nächstes Jahr erinnern wir uns vielleicht schon an den Fahrradständern.“

19.12.2024

Sich Rahmen zu setzen, ist wichtig. Zum Beispiel einen hellen aus Eiche für den großen Druck, den wir in Leipzig gekauft haben und der erst mal im Schlafzimmer hängen soll und dann noch einen dunklen aus Lindenholz für den kleineren Linolschnitt im Wohnzimmer. Diese Rahmen müssen dann aber auch gehalten werden. Unter dem Arm auf dem Fahrrad oder im Vollbildmodus, um der Versuchung zu widerstehen, das Fenster zu wechseln, bevor der Absatz zu Ende geschrieben ist.

18.12.2024

Mittelmäßig ineinander gemischte House Versionen von Songs der 2000er, unterbrochen von Gute Laune Rufen ins Mikrofon hinter einem wild blinkenden Mischpult, während das ü30-Feierabendpublikum in Richtung Mitternacht tanzend überlegt, wie lange es noch machen kann, ohne morgen im Büro völlig einzuknicken. Aber Eintritt frei an einem Mittwoch, da nimmt man mit, was man kriegt.

17.12.2024

Ist dem Friseurazubi bewusst, dass ich in meiner Position quasi gar keine andere Wahl habe, als ihn im Spiegel zu beobachten, wie er meinen Hinterkopf mit großen Augen wie eine verwirrende Unfallstelle anstarrt?

16.12.2024

Jeden Tag denke ich, jetzt ist es vorbei mit der Zahnpasta und dann presse ich doch noch eine rosige Erbse hervor. Eine kurze Unterbrechung von 40 Seiten Screenshots 4chan Prosa. Man ist sich uneinig, ob es sich um Aliens oder ein Geheimprogramm des Militärs zur Abwehr improvisierter Atomwaffen handelt, aber auf jeden Fall ist etwas los, alle sind eingeweiht, aber niemand spricht darüber. Die Vertrauensfrage ist ein elementarer Teil des Erzählpuzzles aus verwackelten Videos, Nachrichtenmeldungen und Andeutungen in Kommentarspalten. Herr Scholz, können Sie denn beweisen, dass es bei ihrer Kanzlerschaft nicht um einen Wetterballon gehandelt hat?

15.12.2024

Hefeteig auf Spannung bringen, damit der Kopf loslassen kann. Vanillesoße schlägt Ibuprofen (aber erst beim zweiten Versuch).