01.10.2022

frei, froh und fromm steht unter dem Dach der alten Turnhalle die Straße runter. Ich fühle mich heute weder noch, bin aber auch nicht in der Halle. Vielleicht ist es als Werbeversprechen zu verstehen. Beim Turnvater hieß es vollständig noch „frisch, fromm, fröhlich, frei“. Fromm übrigens nicht religiös gemeint, sondern wie tüchtig oder fleißig. Das war Jahn wohl immer wichtig zu betonen, und auch gegen eine Umstellung der Worte hatte er sich laut Wikipedia immer gewehrt. Auch gegen die Verkürzung von fröhlich zu froh. Umso mehr verwundert mich, dass das frisch hier zu fehlen scheint. Vielleicht habe ich es auch nur übersehen, aber ich glaube lieber an Absicht. Laut Landesdenkmalamt ist dies eine der letzten Schulen, die Stadtbaurat Hermann Blankenstein in den 1890ern baute. In einer Zeitung von 1900 heißt es: „Architektonisch wurde an den Blankensteinschen Bauten wenig gewagt, dieselben Gedanken und Formen gingen von einem Bau zum andern über, es erscheint nichts aufdringlich und verletzend an ihnen, sie führen ein bescheidenes und still zurückhaltendes Dasein.“ Vielleicht war dies also sein letztes aufbegehren? Vielleicht fühlte er sich einfach nicht mehr besonders frisch und ließ es deshalb aus? Oder war es eine persönliche Fehde mit der Turnbewegung? War es nicht. Weiter unten im Text über das Gebäude steht, dass ich das frisch wirklich übersehen haben muss, aber das passt auch, frisch fühle ich mich heute am allerwenigsten.