02.01.2020

Als ich aus dem Biomarkt komme, wartet schon eine junge Frau mit Klemmbrett auf mich. Ich setze mein „Ich habe kein Geld und schon gar nicht für Daueraufträge tut mir leid danke tschüss“-Gesicht auf, aber sie will kein Geld, sondern sammelt Unterschriften damit Produkte „mit Gentechnik“ gekennzeichnet werden müssen. Mein „Nein“ verwundert sie und wir starren uns kurz an. Dann nuschel ich: „Ich finde Gentechnik nicht schlimm“, und ärgere mich gleich wieder, weil das so stumpf klingt, als würde ich mir keine Gedanken machen. Dabei meine ich doch nur, dass ich die Verteufelung von Gentechnik dumm finde und das solche Kennzeichnungen irrationale Vorurteile nur bestätigen würden. Das wäre, als würde man „enthält gezüchtete Pflanzen“ auf Verpackungen schreiben. Natürlich birgt jede Technik Risiken, aber genau so gut könnte man vor Dünger warnen. Auch damit werden Ökosysteme zerbombt, aber das Problem ist eben nicht der Vorgang an sich, sondern was danach damit gemacht wird (Saatgutkonzerne, abhängige Bauern, Monokulturen, usw.). Außerdem sieht es gerade so aus, als würden wir mit Anlauf am 2-Grad Ziel vorbeirennen und wenn wir dann zehn Milliarden Menschen ernähren wollen können wir uns solche Ängste vielleicht leisten, aber viele Menschen im globalen Süden nicht. Wer glaubt, dass genverändertes Mais krank macht, impft auch seine Kinder nicht, schwört auf alte Apfelsorten und ist mit seiner Idee von Natürlichkeit – wahrscheinlich ohne es zu ahnen – ideologisch nur einen Fußbreit von den Nazis entfernt.

… aber dann wird die Ampel grün, noch bevor ich mich rechtfertigen kann, und ich flüchte über die Kreuzung. Vielleicht besser so.