Auch ohne Brille kann ich in den Spiegel im Tanzstudio mehr erkennen als Unsicherheit und Eitelkeiten. Schweiß zum Beispiel. Wenn ich ins Schwitzen komme, formt eine Kombination aus Haaren, Fett- und Muskelgewebe ein feuchtes Herz auf meiner Brust, aus dem im Laufe der Zeit dann der Schädel eines enthornten Stiers wird. Dazwischen gibt es noch einen schwer zu identifizierenden Zwischenzustand, der wie die anderen Schweißbilder in etwa mit meinem Energie- und Konzentrationslevel korreliert:
Erst öffnet sich der Herzraum und erobert über die Glieder den Raum, dann kommen Zweifel auf und nach ca. 70 Minuten ziehe ich meinen Körper eher als Pflug durch die Bewegungsabfolgen, als selber Form zu sein.
Auf den Pflug oder eher den Stier, der ihn zieht, bin ich nicht besonders stolz, aber das Tanzen tut ihm gut, weil er hier üben muss, seine Kräfte einzuteilen und die Schönheit in der reduzierten Präzision zu suchen. Unter Druck entsteht keine Leichtigkeit. Die Beiläufigkeit, mit der die Prostituierte auf dem Heimweg mit einem angedeuteten Knicks vom Fahrradweg hüpft, behauptet sich vor keinem Spiegel, sondern folgt dem Impuls.