19.02.2022

Zwei Tage bis Bewerbungsschluss und ich hadere. Das Themenumfeld geht in die richtige Richtung, ich stelle mir die Menschen nicht unangenehm vor und ich würde bestimmt auch gutes zwischenmenschliches und administratives Handwerkszeug lernen, also eben das, was learning-by-doing Selbermachen wie mir oft fehlt, obwohl das so theoretisch weit weg anfühlt wie das Konzept der Note, die mit ins Abi eingeht. Aber dann? Wohin damit? Verschiebt sich das Problem des festfahrenden Lebenslaufs nicht nur? „You need to date your career choices not marry them“, klingt mir noch um Kopf nach und trotzdem gruselt es mich. Nicht wie beim „Gehe dahin, wo die Angst ist“, dass ich so gerne predige, sondern irgendwie dunkler. Nur sind die meisten dunklen Gassen eben harmlos, aber wie soll ich darüber nachdenken, wenn ich konstant angeschrien werde: „Glaubst du etwa, du bist zu gut oder besonders, um dort entlang zu gehen?“, höre ich die Stimmen. „Bist du einer von den Versagern, mit aufgeblähtem Wohlstands-Ego, der tatenlos ausharrt und in grandiosen Tagträumen schwelgt, anstatt sich wie alle anderen die Hände schmutzig zu machen und der irgendwann, als Enttäuschung für sich und seine Mitmenschen verbittert auf seine verschwendete Lebenszeit zurückblickt?“

Ich komme im Laufe des Vormittags immer wieder zur Stellenanzeige zurück. Zwischendurch baue ich meinen Rasierkopf auseinander, bestelle einen neuen, verabrede ein Kennenlerngespräch mit einer Therapeutin, beantworte ein paar Nachrichten, buche neue Tanzkurse, und feile meine Nägel. Dann packe ich zusammen und gehe Joggen. Am Abend entdecke ich mich immer noch da, wo ich mich stehengelassen habe, enttäuscht und verängstigt, zurückgelassen worden zu sein.