Jahr: 2019

05.03.2019

Gemeinsam aufgewacht und Zuversicht an der warmen Stelle unter dem Ohr getankt. Ich hüpfe aus dem Bett, sie kriecht. So unterschiedlich kann es sich anfühlen, vollkommen unvollkommen zu sein. Ich mache Haferbrei und koffeinierten Milchschaum, sie erzählt. Zwei liebenswerte Menschen am Dienstagmorgen, die sich gegenseitig die Schatten von den Schultern pusten. Beide auf einer ähnlichen Reise mit ähnlichen Etappen und irgendwie auch zusammen, aber in anderer Reihenfolge und auf anderen Wegen und doch voneinander getrennt. Das führt zu Verwirrungen, zu Zweifeln und zu Orientierungslosigkeit. Da kann ich mir noch so oft einreden, dass es um den Weg geht, und zwar den eigenen und nicht um den Vergleich. Aber es ist zu verlockend. Die Zahl der beschreibenden Wörter, die mir als nachahmender Affe zur Verfügung stehen, ist endlich. Die Angst vor der Ungewissheit zu groß. Erst im Spiegelbild des Anderen wird mir der Blick ins Ich aufgezwungen. Aber ein Spiegel hält nur sein eigenes Gewicht und in einer Version des Mythos ertrinkt Narziss im See. Obacht. Und alles notieren.

04.03.2019

Annegret Kramp-Karrenbauer macht bei einer Karnevalssitzung einen Witz über die Berliner Männer der „Latte Macchiato“-Generation, die nicht wissen, ob sie beim „Pinkeln“ noch stehen dürfen oder schon sitzen müssen. Als sitzender Milchkaffeemann beobachte ich solche Rückzugskämpfe schulterzuckend aus der fernen Gegenwart. Zwar mit Tränen in den Augen, aber die könnten auch vom leichten Schüttelfrost kommen.

 

03.03.2019

Ich revidiere: tausche milde Erkrankung gegen sanfte Kränkung.

02.03.2019

Lieber krank als gekränkt.

01.03.2019

Unsere „Jetzt bloß nicht krank werden“-Teemischung vereint die heilsame Wirkkraft von Ingwer, Honig, Zitrone, Beruhigungstee und Non-Dairy Chocolate Fudge Brownie Icecream in einer Tasse wohltuender Entspannung. Jetzt auch im Recyclingbeutel.

28.02.2019

Ich bin ein Golden Retriever, der oft lieber ein Wolfshund wäre. Ein stotternder Geschichtenerzähler mit Podcast und Blog, aber ohne Essayband und Autogrammkarten. Ich träume mich ins Blitzlichtgewitter, in frei schwebende Betonpaläste, freischaffende Einfamilienhäuser und auf Spielplatzbänke im öffentlichen Dienst. Wenn ich groß bin, dann werde ich Schauspieler, Tänzer und Literat, ein fragiles Model mit Vollbart und breiten Schultern, europäischer Intellektueller, Hausmann und Chief Creative Officer. Mit goldener Schürze in der Küche und Kaschmirpullover auf der Bettkante. Sonst nichts.

 

27.02.2019

Der Himmel ist blau, die Sonne scheint. Laut Google 16 Grad. Kann das sein? Vielleicht gefühlt. Ich sitze mit Sakko und offenem Pullover auf der Dachterrasse und tippe mittelschlaue Dinge in den Computer. Neben mir eine Kanne Schwarztee mit Milch. Auf dem Balkon ein Stockwerk tiefer wird schon der dritte Joint angemacht. Aus dem Küchenfenster mixt sich Nicolas Jaar durch die Musikgeschichte. Es könnte so schön sein, wäre da nicht dieser riesige gelbe Kran im Hof. Es ist schön.