Jahr: 2019

Kaum stehen die Betreuer fest, kommt auch schon die erste Deadline um die Ecke, die sich auch wie eine anfühlt. Bis Freitagabend muss ich den anderen schriftlich mein Thema vorstellen, damit wir beim Auftakttreffen die Woche drauf schon über konkrete Etappenziele und Probleme sprechen können. Gerade kommt es mir so vor als wäre meine eigentliche Frage, warum ich so viel Zeit und Raum meiner Intimsphäre fremden Menschen aus dem Internet überlasse, oder eher: Warum ich so lange vor dem Schaufenster stehen bleibe. Ein Teil dieser Antworten würde Sie verunsichern, so banal könnten sie sein. Mitunter würde sich die Entschuldigungen nicht mehr aufrecht halten können. Dann müsste ich wirklich mehr Sex haben, Tanzen, Schreien, Basteln, Kochen, in Mikrofone sprechen, Wandern, Malen, Theaterstücke besuchen, Filme gucken, Schreiben, Inszenieren und Interviews geben. Dann wäre ich ja verantwortlich. Aber das kann ich den Anderen so natürlich nicht schreiben. Nicht ohne Quellenangaben.

Die zentralen Begriffe um das Sprechen, Labern und Erzählen auf Youtube/Twitch im Vergleich zu Podcasts zu verstehen lauten:

Realitätsabgleich – Lagerfeuer – Komplizenschaft

Aber das jetzt alles zu erklären ist viel zu viel Arbeit. Die Auslassung der Andeutung ist magischer und führt als bequeme Pose (noch so ein Wort, aber eine Überschrift kleiner) auch zu weniger Enttäuschungen.

Dreimal bunter Zirkus, brought to you by Koffeein. Im echten stehe ich mit den anderen Kartoffelboys in der Küche und rede über Jungs, währen die weiblichen PoC’s drüber vor und hinter der Kamera Kunst machen. Momente, in denen ich mich Frage warum die Gegenwart so lange auf sich warten lassen hat.

Sauna („auf die alten Zeiten“)

Bücher aufgeschlagen und wieder zugeklappt. Artikel geklickt und doch nichts behalten. Alles anstrengender als es aussieht, das sitzen und liegen und spüren und reden und lachen und öffnen offen halten.

Schritt 5: Berührung – „Das was hier im Raum passiert ist spannend und aufregend. Natürlich lache ich. Es ist schön das hier machen zu können.“

Üben, üben, üben und verzeihen (üben).

Nach Tagen großer Gefühle (es geht um mehr als um das Ich), inspirierender Texte (alte Bekannte und neue Bekanntschaften) und wandernden Gedanken (nur vage zielgerichtet und deshalb so leicht): Erstmal nichts nicht viel. (Auch Ok?) Fußpflege, Einkaufen, Kochen und im Stream der ersten Anhörung zum Amtsenthebungsverfahren von Trump hängen bleiben. So sehr, dass ich noch auf dem Fahrrad zum Treffen mein Datenguthaben für NPR opfere.