Monat: März 2020

17.03.2020

Bestes Spaziergangswetter, jede mit ihrem redundanten Kontakt am Kanal entlang bis zur geschlossenen Eisdiele. Großzügig Platz machen auf dem Bürgersteig mit Jacke im Arm und dem Schal in die hintere Hosentasche gestopft, wie bei dem Fangspiel oder wie in alten Hip-Hop Videos, aber machen wir uns nichts vor.

16.03.2020

Keine Umarmung zum Abschied, aber solange sich die ICE’s noch in Hamm(Westf)Hbf küssen, ist alles gut.

15.03.2020

Ein zum Kaffee und Kuchen umdeklariertes Nachbarschaftsessen in Zeiten des Virus; draußen auf der Terrasse, halb sitzend, halb stehend, jeder mit der eigenen Tasse in der Hand, in der Mitte der Beistelltisch mit den Kuchen und bedrohlich in der lockenden Frühlingssonne glänzend der Griff einer Kaffeekanne. Machst du Home-Office? Und wie läuft das jetzt bei euch? Naja, man kann nur Tag für Tag abwarten, aber obwohl sich alles so schnell verändert drehen sich die Gespräche seit zwei Wochen trotzdem irgendwie im Kreis.

14.03.2020

Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
Schau an der schönen Gärten Zier,
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.

Butterkuchen und ein neues Bild auf dem Klavier.

Sing, bet und geh auf Gottes Wegen,
verricht das Deine nur getreu
und trau des Himmels reichem Segen,
so wird er bei dir werden neu;
denn welcher seine Zuversicht
auf Gott setzt, den verlässt er nicht.

13.03.2020

Ein fast schon misstrauisch machend freundlich und entspannter Apotheker breitet mit eine Auswahl an Nasennebenhöhlemitteln auf dem Tresen aus und erklärt mir ihre Vorzüge. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Vampir, der sich an den besorgten Gesichtern älterer Damen labt. Er lächelt, weil die Leute gerade Schlange stehen, um ihn zu füttern. Mir kannst du nichts vormachen, denke ich und versuche möglichst zufrieden und entspannt zurückzulächeln.

12.03.2020

Aufgeschobene Geburtstagsgeschenke

11.03.2020

Twitter auf.
Italienische Behörden veröffentlichen Richtlinien, nach welchen Kriterien entschieden werden soll, wer Zugang zu Betten in Intensivstationen bekommen und ob dieser mit einer Altersgrenze versehen werden sollte.
Twitter zu.
Habermas Interview auf, aber auch der hat auch keine Antworten,

[…] Dabei fällt mir das strukturelle Problem auf, das mich seit Einführung der digitalen Kommunikation, also spätestens seit den frühen 1990er Jahren, irritiert und ratlos zurückgelassen hat. Ich weiß einfach nicht, wie in der digitalen Welt ein funktionales Äquivalent für die seit dem 18. Jahrhundert entstandene, aber heute im Zerfall begriffene Kommunikationsstruktur großräumiger politischer Öffentlichkeiten aussehen könnte. Das Netz ist von seinen Pionieren gerade wegen seiner anarchischen Infrastruktur zu Recht als befreiend gefeiert worden. Aber gleichzeitig verlangt das Moment der Gemeinsamkeit, das für die demokratische Meinungs- und Willensbildung konstitutiv ist, auch eine Antwort auf die spezielle Frage: Wie lässt sich in der virtuellen Welt des dezentrierten Netzes – also ohne die professionelle Autorität einer begrenzten Anzahl von Verlagen und Publikationsorganen mit geschulten, sowohl redigierenden wie auswählenden Lektoren und Journalisten – eine Öffentlichkeit mit Kommunikationskreisläufen aufrechterhalten, die die Bevölkerung inklusiv erfassen? […] Die klassischen Massenmedien konnten die Aufmerksamkeit eines großen nationalen Publikums bündeln und auf wenige relevante Themen lenken; das digitale Netz fördert die Vielfalt kleiner Nischen für beschleunigte, aber narzisstisch in sich kreisende Diskurse über verschiedene Themen. Die unbestreitbaren Vorteile dieser Technik stellt ja niemand in Frage. Aber im Hinblick auf den Strukturwandel der politischen Öffentlichkeit interessiert mich der eine Aspekt: Sobald die zentrifugalen Kräfte dieser »Blasen« bildenden Kommunikationsstruktur die Sogwirkung der inklusiven Öffentlichkeit aufwiegen, dürften sich konkurrierende öffentliche Meinungen, die für die Bevölkerung im Ganzen repräsentativ sind, nicht mehr ausbilden können. Die digitalen Öffentlichkeiten würden sich dann auf Kosten einer gemeinsamen und diskursiv gefilterten politischen Meinungs- und Willensbildung entwickeln. […]

zumindest was die Gegenwart betrifft. Wie man da hingekommen ist, das kann er erklären und das reicht mit 90 ja wohl auch. Nur beim Ende bin ich mir nicht sicher, ob die Beschreibung der Tür noch angebracht ist, oder ob wir nicht eigentlich schon auf der Schwelle stehen.