Monat: August 2021

24.08.2021

Nach der Impfrunde wünscht mir der Arzt als einziger bei der Verabschiedung „Viel Glück“. Auf der Straße bleibe ich abrupt stehen: „Wobei???“

Später fragt mich die Friseurin, ob sie meine Haare mit Spangen hochstecken darf, manche Männer hätten damit ein Problem. Was ist denn heute los?

23.08.2021

Zwei wichtige Umschläge liegen auf dem Tisch. Rot der Brief mit den Wahlunterlagen und darunter die verspätete Geburtstagsluftpost. Daneben das Puzzle, das I. letztes Jahr zu Weihnachten von der Immobilienfirma geschenkt bekommen hat, bei der sie arbeitet. Es ist noch eingeschweißt.

Wenn ich Abends ein Hörspiel hören und den Bildschirmen ausweichen will, dann brauche ich eine Beschäftigung für meine Augen und Hände. Etwas das nicht so anstrengend ist wie Putzen. Malen würde auch gehen, aber solange ich keinen Ersatz für die eingerissene Pappkiste hinter der Tür habe, will ich die Pinsel gar nicht erst anfassen. Heute ist auch kein Abend um sich etwas für ein weißes Blatt auszudenken oder einfach so geschehen zu lassen. Für Balkonkastenarbeit ist es zu dunkel und kalt, gegessen habe ich schon und fürs Backen fühle ich mich diese Woche zu unsportlich. Ein gebrauchtes LEGO Klemmbaustein-Set zum zusammenbauen, auseinandernehmen und weiterverkaufen, das wäre auch gut, aber das bekomme ich heute nicht mehr auf die schnelle. Und alles andere, was mir sonst noch einfällt, klingt zu sehr nach To-do-Liste und Nützlichkeit. Also das Puzzle.

(Diese minimale Langeweile, bei der die schönen Dinge passieren, muss man sich erstmal leisten können. Das steht leider auf keinem Wahlplakat.)

22.08.2021

Der Bär, der nicht da war, wird trotzdem nass, wenn man die Satteltasche im Regen offen stehen lässt. Unter den Schirm passen immer nur zwei von drei Sachen: Ich, meine Satteltasche, die Spitzenkandidatin. Diese Entscheidungen, diese Kompromisse, das ist Politik.

Beim letzten Gruppenfoto nimmt sie den Mann in die Mitte, „damit er nicht rausgeschnitten werden kann“. Alle Lachen und ich schaue mich um, ob mich dabei jemand ansieht.

21.08.2021

„Die Waschmaschine braucht eh noch eine Weile – keine Eile!“, antworte ich und verschweige die große, allem zugrunde liegende, lebensbezeichnende Eile. Dieses Drängen im Angesicht der eigenen Sterblichkeit und der kosmischen Unbedeutsamkeit das scheinbar zufällig erhaschte Glück, solange wie möglich festzuhalten, weil ich fürchten muss, dass es mir jeden Moment aus den Fingern gleiten könnte. Das ergibt sich aus dem Subtext, oder?

20.08.2021

Ich war mir sicher, dass das Buch in der Buchhandlung um die Ecke vorrätig sein würde. (Trost. Vier Übungen von Hanna Engelmeier.) Schließlich war es in den vergangenen Tagen gleich bei drei Buch-Influencer:innen auf Instagram aufgetaucht. Ich hatte mir sogar schon einen Tweet zurechtgelegt, den ich mit dem Foto des Buchs und einer Ingwerknolle posten wollte, die ich mir auf dem Weg zur Buchhandlung gekauft hatte: „Wolkiger Tag. Um nicht krank zu werden Ingwer und Trost gekauft.“ Aber natürlich hatten sie das Buch aber nicht da. Kein Trost, nur Ingwer und freudig schmatzender Jackfruitgenuss.

19.08.2021

Der letzte Termin fällt aus. Ich ziehe mit Schlappen, Decke, Kirschkernkissen und Tee in den Schaukelstuhl auf den Balkon und bleibe da.

18.08.2021

Lächelnd läuft mir beim Scrollen die Zahnpasta aus den Mundwinkeln. „Wenn du wüsstest…“, denke ich und vielleicht mache ich wirklich eine Liste mit all den Dingen die mir Übertrieben, Peinlich und ZuViel vorkommen und arbeite mich der Reihe nach vor.