Monat: Dezember 2021

24.12.2021

Weihnachtskarten schreiben im Zug funktioniert so mäßig gut, denn es ist viel zu ruckelig für meine bemühte Handschrift, aber die junge Frau, die gegenüber von mir sitzt, beeindruckt es trotzdem ein bisschen. Ich gehe nur halbherzig auf ihre Flirtversuche ein, weil ich auf halber Strecke nach Hannover den letzten James Bond anfange. Die traurigen Szenen kommen dann erst nach ihrem Umstieg in Hamm, sonst hätte sie sich wohl auch noch in meine Tränen verliebt und die Sache wäre kompliziert geworden.

23.12.2021

Ausloggen, Diensthandy abgeben, Unterhosen zählen.

22.12.2021

Wir spazieren durch den Tag und versichern uns mal laut und mal mit Blicken, dass WENIGER ALS EINE WOCHE ja gar nicht so lang ist, im Hinterkopf noch die leichte Enttäuschung der Bescherung vom Vorabend. Zweimal „Oh wie toll, das habe ich schon“ ist zwar auch eine Überraschung, sogar eigentlich eine gute, aber eben nicht die ausgemalte. Bemüht bloß zu treffen, die Zielscheibe gleich durchlöchern. So geht das.

21.12.2021

20.12.2021

Kacke. Du füllst die Wasserflaschen und Kannen, ich die Campingkanister. Sechs erwachsene Menschen machen viel Dreck und trinken viel Tee. Auf dem Zettel an der Haustür steht 14:00 bis ?, aber als um 20:00 der Einsatzwagen der Wasserbetriebe wieder fährt, geht das Wasser immer noch nicht.

19.12.2021

In einem Finger meiner rechten Hand steckt ein Splitter. Nicht in irgendeinem Finger, sondern im Zeige-, Klingel- und Popelfinger, dem wichtigsten Finger nach dem Daumen. Aber ich finde ihn nicht, egal wie sehr ich knibbel, drücke, stocher und egal wie lange ich den Finger in Seifenwasser aufquellen lasse. Schlimmer, mittlerweile bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob das spitze Stechen, wenn ich Druck auf die Fingerspitze ausübe, nicht doch von den vielen Versuchen stammt, mir einen eingebildeten Splitter zu entfernen. Gibt es Phantomsplitter? Splittern, die unbemerkt wieder verschwunden sind und deren Seelen noch darauf warten, entfernt zu werden?

18.12.2021

Auf dem Weg zum Plätzchenbacken denke ich an die vielen Hakenkreuze, die hier sorgsam in Wandschränken des Randbezirks verstaut sind. An hohen Festtagen zwängt Gerhard dann seinen Bauch in die SS-Uniform und seine Frau muss sich Zöpfe flechten, sonst kann er nicht, weshalb es großen Ärger gab, als sie eines Tages plötzlich mit einem Bob den Kiesweg heraufkam.

Warum es denn immer gleich die SS-Uniform sein muss, werde ich unterbrochen.

Wer in einer Welt der Militärs und Kleiderordnungen aufgewachsen ist, braucht vielleicht einfach etwas Krasseres als ein Dienstmädchenkleid, um sich verboten zu fühlen? Vielleicht sind das aber auch die gründlich verschwiegenen Verbrechen der Eltern, die da zurückkommen? Aber dann sind wir da, ich bekomme eine Führung durch die Wohnung und lasse mir auf dem Sofa von den Kindern erzählen, die im Kreis durch Küche, Flur und Wohnzimmer rennen.