Monat: Januar 2022

Kann ich mich erinnern, wann ich den letzten Kettenbrief weitergeschickt habe? Keine WhatsApp Nachricht, die mir Glück und Wohlstand verspricht, sondern einen echten Brief aus mehreren gestalteten Bögen aus schwerem Papier? Nö.

Im Umschlag sind drei Listen, in die ich mich eintragen soll. Die erste fragt nach einem Gericht, das ich empfehle, die zweite nach einem Buch und die dritte nach einem Internetgeheimtipp. Die bisherigen Einträge wollen einen guten Eindruck bei den späteren Leser:innen machen. Zumindest unterstelle ich es ihnen, weil es mir genauso geht. Niemand schreibt über Pommes, Harry Potter und Katzenvideos. Eingelegtes und Antirassismus sind die sicherere Wahl. Ich überlege kurz aus Prinzip gegen die Gruppe … reihe mich dann aber ein und setze „herausfinden, was Briefe mittlerweile eigentlich kosten“ auf meine Liste für morgen.

Nach dem Croissant-Waffel-Frühstuck trifft man sich nicht ganz so zufällig beim Sonntagsspaziergang, denn in Moabit gibt es eigentlich nur zwei Routen für solche Anlässe, die südliche und die nördliche. Ihr? Na Mensch, Mittelohrentzündung, Dauerwelle, Wohnungsbesichtigung, Spieleabend, ihr müsst auch unbedingt mal dafür vorbeikommen, und sonst heute noch? Ach, wie schön.

Eine Dreiviertelstunde und zweimal aufgefüllte Gläser später, ist das Spiel soweit erklärt, dass wir mit einer Proberunde anfangen können. Nach weiteren drei Stunden und zwei Flaschen habe ich offenbar gewonnen, kann aber nicht erklären warum, nur dass die letzte Viertelstunde mit dem Zusammenrechen von Punkten auf einem speziellen Block zugebracht wurde.

The Suicide Squad (2021) ist ein Quatschfilm, aber das Popcorn war lecker. Für die Nachwelt sei festgehalten: Eine großzügige Menge Butter mit Puderzucker im Topf flüssig werden lassen, dann Maiskörner hinzugeben und immer mal wieder schwenken. Erst mit dem poppen wir aus dem Korn ein Corn, wenn das passiert ist das Popcorn schnell in eine große Schüssel umfüllen, damit nichts anbrennt und noch mal nach Geschmack mit einer Prise Salz und weiterem Puderzucker überstreuen. Dann — ganz wichtig – erst mal ein paar Minuten stehen lassen, damit Fett und Zucker hart werden können und das Popcorn im Mund Geräusche macht.

In der Science-Fiction Serie, die wir schauen, sind alle entweder sehr besonders oder halt auch mit dabei. Die halt auch mit dabei sind, tun mir etwas leid, weil das bestimmt nicht einfach ist, wenn so viel Auserwählte um einen herum stehen.

Selbstkasteiung mit Schokorosinen. Ich habe russische Scharfschützen engagiert, damit sie mich beim Spaziergang ins Kreuz treffen, sobald ich mir gute Laune anmerken lassen. An die Wand sind Warnungen gesprayt, die nur ich verstehe. Alles fein säuberlich in meinem Tagesplan so vorgesehen.

Die dritte Impfung gibt es in einer HNO-Praxis in Charlottenburg, die einmal in der Woche einen Impfnachmittag macht und sonst wohl eher betuchte Kund:innen in Sachen Tinnitus und Schnarchen berät. In der Mitte des geräumigen Wartezimmers steht ein großer Tisch, auf dem unter einer Glasglocke eine einzelne leere Impfstoff-Phiole steht. Darüber schwebt eine ausladende Designerlampe. In den fünfzehn Minuten nach der Impfung starren alle andächtig auf den medizinischen Fortschritt oder in ihr Handy. In einer Ecke liegen Spielzeuge aus dem Manufactum Katalog, aber die werden schon beim Anschauen langweilig.