Monat: Juni 2022

30.06.2022

Von wegen kontemplativer Groove, die Tanzstunde fühlt sich bei den Temperaturen eher wie ein Aerobic-Kurs in einer türkischen Ferienanlage an. Nicht, dass ich jemals in einem Aerobic-Kurs, der Türkei oder einer all-inclusive Bettenburg mit Unterhaltungsprogramm gewesen bin, aber als Tatort-Autor muss man auch noch nie Kontakt mit der Polizei gehabt haben und an der Primetime wird trotzdem die Welt vermessen.

29.06.2022

Rumsitzen und Fleischspieße im Sandwich essen, rumsitzen und hausgemachten Eistee trinken, rumlaufen und am Fladenbrot mit Nutella knabbern, rumsitzen und vom Kuchen naschen und dann wieder rumlaufen und doch nicht mehr Poutine probieren, denn gestern in der Kneipe gab es schon Pommes, und zu den Fleischspießen heute gab es auch Pommes und zum Abendessen gibt es ebenfalls Kartoffeln und Chips sind auch noch in der Kammer (und vielleicht auch ein Kartoffelschnaps) und wie viel Kartoffelstärke kann ein Mensch eigentlich vertragen, bis aus Blut Bratensoße wird und mit den Gedanken sämig gebunden zum Abschmecken aus dem Schnitt am Finger quillt.

28.06.2022

Noch tief in Tiermetaphern verstrickt, radele ich zur Mitgliederversammlung der Grünen und überlege, ob die Flecken auf meinem hellen Hemd mit diesem Outfit eher aktiv-verwegen oder achtlos-unrein wirken, aber wenn man sich sowas schon fragt, ist die Antwort eigentlich klar: Wahrscheinlich fallend sie gar nicht auf.

Mit zunehmendem Parteialter nimmt auch die Zahl der Nachrufe zu. Wie das wohl in der SPCDU aussieht? Nur noch Bier und Erinnern. Erinnern und Bier. Passenderweise sitze ich dann am Tisch, an dem es heute um Erinnerungskultur geht. Der Bezirk Mitte steht seit ein paar Jahren nämlich unerwartet an der Front zwischen koreanischer und japanischer Geschichtsaufarbeitung. Jetzt soll lieber ein allgemeineres Denkmal für Opfer sexualisierter Gewalt in kriegerischen Opfern her, über die wurde in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg ja auch lieber geschwiegen.

27.06.2022

Im Internet steht, es wäre gut, der Pflanze ein „Rankangebot“ zu machen und ich bin direkt neidisch. So was will ich auch. Einen großen Bambuspfahl, der immer da in den Boden gerammt steht, wo ich Halt mache und an den ich mich lehnen kann, wenn ich müde werde. Ohne Draht und Schnüre, ohne Zwang, sondern eben als Angebot zum Wachsen und Halten, zum Ausruhen und als Ausguck.

Wahrscheinlich ist das der Preis dafür, selber entscheiden zu können, wo wir den Turm, Obelisken oder Totempfahl errichten, um den wir unsere Hütten bauen. Oder müssen uns gegenseitig nach oben helfen. So ganz entschieden bin ich mit der Moral der Geschichte nicht.

26.06.2022

Reisetag mit Zwischenstopp im Wisentreservat und an der Badestelle hinter dem Viertel, das in Touristenorten wie hier wegen drei Plattenbauten und gebrochenem Deutsch als Problemviertel gilt.

Meine Füße fühlen sich nach trockenen Blumenerde an. Gibt es Feuchtigkeitscreme für Erde? Noch wässernder als Wasser, wie mehrfach konzentriertes Tomatenmark, noch nasser, vielleicht auch mit Aloe vera und Vitamin E, damit man es auch als Après Sun verwenden kann.

Wir werden für die Klimakrise Unmengen an Après Sun brauchen, zumindest für die Jahre, bis sich diejenigen, die unsere Après Sun herstellen, alle auf dem Weg in die Länder gemacht haben, in denen man trotz wachsender Armut weiter auf die verbesserte Formel und einen gleichmäßigen Teint hofft.

Entweder habe ich COVID oder ich war zu lange in der Sonne. Die Kopfschmerzen und die schlechte Laune haben aber wohl eher mit der Rückreise zu tun. Also mit Kontrolle.

25.06.2022

Noch gruseliger als verlassene Orte sind solche, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob sie verlassen sind. Irgendwer mäht hier doch noch den Rasen. Zumindest vor dem Schloss. Der Park dahinter und die alten Klettergerüste des zwischenzeitlichen Kinderheims sind völlig überwuchert. Und noch eine Frage: Warum heißt der See Bergsee, wenn es hier doch gerade mal Hügel gibt?


Der Plan:

Mich mit dem kreisenden Geier versöhnen,
dem Affen Respekt zollen,
und in das Rudel vertrauen.

24.06.2022

Die wichtigsten Gespräche werden immer bei den Fahrradständern oder in der Gemüseabteilung geführt, also kurz bevor es wirklich losgeht. Das verlängerte Wochenende hat aber schon gestern angefangen und was heute sonst noch wirklich wichtig war, geht nur die Vögel im Himmel, die Schlagen im Wasser und das kleine schwarze Heft etwas an. – Ein zufriedener Mantel des Schwitzens und Schweigens, mit Picknick und sanftem Wellengang.