Jahr: 2023

Erst tagelang die Wange aufbeißen und dann doch nichts sagen, weil die Themen der anderen und der Gruppenprozess an sich, die Harmonie und Stimmung und Einheit dann natürlich doch wichtiger ist, als das, was ich nicht in den Herbst tragen will.

Der Yogakurs findet doch im Studio und nicht auf der Dachterrasse statt. Eine Falle. Damit ist es nur noch ein Sportkurs auf zu engem Raum. Einmal aufrücken, bitte. Die alten Verspannungen machen Platz für neue.

Er schafft es in seiner Erklärung, warum er nie auf die Einladung zu meinem Geburtstag geantwortet und sich auch an dem Tag selber nicht gemeldet hatte, den Nebensatz unterzubringen, dass es im Leid tue und ich erwähne meine Enttäuschung zumindest, als ich mein Verständnis zum Ausdruck bringe. Was immer diese neue Männlichkeit ist, nach der wir da suchen, sie geht noch auf wackeligen Beinen.

Tag des offenen Denkmals. Wir besichtigen ein genossenschaftliches Wohnprojekt in einer alten Hutfabrik. Es bleibt offen, ob Gebäude oder Idee gemeint sind.

Ein Alienfilm im Open Air Kino. Zwischendurch der Blick nach oben, ob es sich wirklich um ein Flugzeug handelt. „Es ist einfacher, sich das Ende der Welt vorzustellen, als das Ende des Kapitalismus“, zitiert Mark Fisher den Kulturwissenschaftler Frederic Jameson. Es ist einfacher, sich die Auslöschung aus dem Weltraum vorzustellen, als selber für das Ende der Menschheit verantwortlich zu sein. Dabei kommen die Außerirdischen im Film in friedlicher Absicht, aber das bleibt auch mit Millionenbudget unglaubwürdig.

Was? Ein neues Buch von Navid Kermani? Erscheinen und Lesung verpasst, aber Hardcover ist vorrätig, also ab aufs Fahrrad, mit Karte, danke, nein, nicht als Geschenk einpacken, direkt aus der Folie auspacken, bitte.

Ich lese

Die Aufforderung, möglichst freudig erregt und sozial angemessen unpünktlich zur Mahnwache unserer stet näher rückenden letzten Umarmung zu erscheinen.

Herzliche Einladung zum Geburtstag.

Du bist gemeint.