Mut machen durch Worte, die Realität schaffen. Das funktioniert, aber dann müssen die Worte plötzlich ganz dringend auf Papier. Wenige Minuten bevor die kleine Buchhandlung auf dem Weg von A nach B schließt, stürme ich herein: „Ich habe einen Kartennotfall!“, keuche ich verschwitzt und die Verkäuferin nickt verständnisvoll, während ich schon an den Lyrikbänden vorbei geeilt, die Kartenständern drehe. Diese hier mit dem Umschlag von dieser, das passt und das findet die Verkäuferin auch. Die Quittung brauche ich nicht und auch keinen Stift, den habe ich, aber schreibe ich hier und riskiere zu spät zu kommen, oder dort vor der Türe und riskiere im halben Satz erwischt zu werden? Was, wenn ich heil ankomme, aber die Worte auf dem Weg von einem Lastwagen mitgerissen werden?
Jahr: 2023
06.06.2023
Anschaffungen, Urlaube und Ausflüge, alles kommt auf den Tisch neben den Vertrag – jetzt wird neu gedacht. Alles virtuell, auch Unterschrift, neben der Tastatur steht nur eine Teetasse und die ist leer.
05.06.2023
Die Alternative anschauen, um sicherzugehen, dass die Gedanken woanders sind.
04.06.2023
Bei der Wohnungsbesichtigung entschuldige ich meine Zerstreuung mit „Ich bin erst heute Mittag aus Stockholm gekommen“ und komme mir direkt albern vor, weil das wie jemand klingt, der nicht vom Wohnungsmarkt wachgehalten wird. Statt früh ins Bett zu gehen wird es spät, denn alles muss viel schneller entschieden werden als erwartet und so reden wir statt an drei verschiedenen Tagen zumindest an drei verschiedenen Orten über die WasWäreWenns.
03.06.2023
Weil es so spät dunkel und so früh wieder hell wird, habe ich auch schon kurz nach drei das Gefühl eine lange Partynacht hinter mir zu haben. Dabei tun meine Füße nicht vom Tanzen, sondern vom Wandern weh und auf meiner Nase glüht ein Sonnenbrand. Unvertraute Vogelstimmen führen mich zum Bus.
02.06.2023
Sightseeing in Stockholm. Das Wissen unserer Stadtführerin ist etwas eingerostet, zum großen Brand von 1787 kann sie mir keine genaueren Informationen geben, aber ihre beiden gut aussehenden Brüder sind zum Glück bestens informiert.
01.06.2023
Standarten, Uniformen und Fanfaren. Weder im Bachelor noch im Master gab es eine Abschlusszeremonie und selbst wenn, hätte sie nicht so ausgesehen. Der Nationalismus des 20. Jahrhundert lebt als Folklore in den Festlichkeiten der internationalen Klasse fort.