Wörtlichkeitsübersättigt
sorge ich mich um Rost im Assoziationsapparat
zu viel Zweckmäßigkeit und Eingängigkeit
maximiert die Performance
aber schadet der Seele
also installiere ich eine neue App
die soll’s richten
Jahr: 2023
15.03.2023
14.03.2023
Verantwortung ist wie Staub und sammelt sich in den Ecken, bis kurz bevor der Besuch kommt und jemand schnell durchwischen will und sich den Kopf an der Treppe stößt, flucht und dann wenig später genervt die Drecknester aus dem Feudel pult, der eigentlich auch schon seit Ewigkeiten hätte ausgewechselt werden sollen, aber Verantwortung ist wie Staub und hängt im Feudel und wer den auswringt, muss sich entscheiden, ob er in der Wäsche oder im Müll landet und damit ist dann immer noch kein neuer besorgt.
`
13.03.2023
Ich habe zu wenige Hosen. Nein. Ich muss das anders formulieren. Ich habe zu wenige Hosen, die nicht zu eng sind oder mit sehr auffällig geflickt, mit unauswaschbaren Flecken oder die nicht von anderen Spuren ihres Lebens nach dem Second-Hand-Laden gezeichnet sind.
Hemden hingegen habe ich genug. Meistens zwar nicht das passende zum Gefühl oder der Farbe des Tages, geschweige denn zu einer der wenigen verbleibenden Hosen, aber doch völlig ausreichend viele, naja eigentlich zu viele, aber Hosen, das ist eine völlig andere Kategorie von Problem.
Außerdem ist es ein Sprachproblem, denn ich habe gelogen oder zumindest übertrieben. Ich habe Hosen und ich habe Hemden, aber erst hier wird es spannend.
12.03.2023
Beim Kaffee und Kuchen in einer Westberliner Traditionsrösterei lese ich ein Gespräch mit Kammerjäger:innen über Mäuse. Die seien nicht besonders schlau, aber vielleicht genau deshalb auch so hartnäckig zu bekämpfen, ihre Handlungen seien manchmal sehr schwer nachzuvollziehen, mitunter würden sie komplette Pappschachteln aufessen, aber gerade die Köder darin liegenlassen. Ratten würden eindeutig von A nach B laufen, aber die Kurven und Windungen, die Mäuse auf ihren Wegen einschlagen, seien für Menschen nur schwer verständlich.
Im Kino tauchen die Mäuse dann wieder auf, aber als Wald- und nicht als Hausmäuse. Sie wohnen zwischen den Wurzeln der Eiche, die dem Nicht-Dokumentarfilm seinen Namen gibt: Die Eiche. Mein Zuhause, – die Betonung liegt dabei auf dem Zuhause. Der Baum ist eher Kulisse für Actionsequenzen im Laub und in den Ästen. Aber auch diese Mäuse entwischen dem Tod; dem Fuchs, dem Dachs, der Eule, den Wildschweinen und dem Wasser, das nach einem heftigen Sturzregen ihren Unterschlupf flutet. Natürlich. Es ist ein französischer Film. Nichts stirbt, alles verwandelt sich, aber trotzdem fragen wir uns auf dem Heimweg, was das eigentlich für ein spezifischer Geruch ist, der von besonders alten Menschen ausgeht. Und wie viele Filme die alte Dame neben uns in ihrem Leben wohl schon gesehen hat.
11.03.2023
Ich wache früh auf. Nach einem längeren Spaziergang mit Abstecher in den Drogeriemarkt und die Apotheke, nachdem ich Wohnzimmer und Schlafzimmer gesaugt habe, einige Mails beantwortet und Rechnungen bezahlt, den Spiegel gerichtet und das Regal abgestaubt, die Wäsche abgehängt und die Gästematratze neu bezogen, den Kalender kontrolliert und die Einkaufsliste aktualisiert und dabei zwei Feature, einen Vortrag und ein Hörspiel gehört habe, muss ich mich erst mal wieder hinlegen. Offenbar bin ich wohl doch noch nicht wieder gesund. Warum bin ich denn so erschöpft? Es ist doch noch nicht mal Mittag und ich habe heute doch noch gar nichts gemacht!
10.03.2023
Die Haftknete hält auf der Raufasertapete nicht wie angepriesen und der Schleim dafür zu gut in meinem Kopf. Maximal dreimal am Tag und nicht länger als eine Woche, betont die Apothekerin, als sie mir das Nasenspray und eine Packung Taschentücher reicht. Aber Medikamente sind ja auch nur Drogen und da brauche ich meistens eine höhere Dosis, also lege ich nach, ohne zu warten. Es fühlt sich an, als wäre hinter meinen Augen ein Luftballon bis zur Belastungsgrenze aufgepustet. Einmal aus Versehen nach innen statt nach außen geniest und alles explodiert. Geht hoffentlich nicht, will ich mir aber trotzdem nicht vorstellen. Schmerzfrei schlucken funktioniert dafür jetzt wieder. Das ist super. Appetitlosigkeit habe ich nämlich noch viel seltener als Fieber.
09.03.2023
„Ich wünschte, ich könnte meinen Kopf einfach ausknipsen.“
„Frag Freerk, der hat für alles eine Creme.“
„Hast du eine?“
„Natürlich“, sage ich und hole die Herzcreme aus dem Medizinschränkchen der Küche. Die schmiere ich ihr aufs Display, damit sie nicht die ganze Nacht darüber nachdenken muss, ob und was sie antworten soll.
„Sanft im Uhrzeigersinn einmassieren und dann kräftig pusten.“