24.08.2022

Ich dachte, mir wäre der Friseurtermin wichtig gewesen, weil ich bald auf einer Hochzeit eingeladen bin, aber es lag daran, dass heute die Sommerpause der Therapiegruppe endete. (Der Mystiker auf dem Berg sagt „Mit schönen Haaren kann dir niemand wehtun“ und rasiert sich seine ab.)

Beim betretenen Schweigen der ersten Minuten entdecke ich zwei rötliche Mückenstichüberbleibsel an meinen Armen. Beide haben den exakt gleichen Abstand zu jeweils einer Narbe – etwa einen Daumen breit. Die eine Narbe ist rundlich und stammt von einem Fahrradlenkerunfall. Der Griff war zu dem Zeitpunkt schon eine ganze Weile lose und an einem Regentag flutschte er schließlich vom Lenker, worauf mein Arm automatisch zurückschnellte und sich die scharfe Metallkante in meinen Unterarm bohrte. Die zweite Narbe ist länglich und das Produkt eines heißen Backblechs und einer der Gründe, warum ich in der Gruppe bin. Aus der Verbrennung wurde nämlich nur eine Narbe, weil ich in einer stressigen Situation, in der ich eh schon das Gefühl hatte, mit meinem Hunger zu viel Raum einzunehmen, nicht auch noch durch meine Verletzung die Aufmerksamkeit auf mich ziehen wollte und sie deshalb mit zusammengebissenen Zähnen kleinredete.

Als das Gespräch dann doch Anschluss findet, sprechen wir über schwierige Anfänge und das Warten darauf. Dass Narben auch daran erinnern, dass alles schon angefangen hat, fällt mir erst auf dem Weg nach Hause auf. Die Autokorrektur macht daraus schön.