25.01.2019

Hallo R. Ich durfte dich leider nie kennenlernen und jetzt habe ich auch noch deine Beerdigung verpasst. Nach allem was ich über dich weiß, nimmst du mir das nicht übel. Ich mir schon. Denn es war so knapp! Mein Zug hatte über eine Stunde Verspätung und ist dann auch nur bis Essen anstatt bis Düsseldorf gefahren. Von da bin ich dann mit dem Taxi gefahren, aber auf der Zufahrtsstraße zum Friedhof kamen uns schon die ersten Autos entgegen. Ich dachte, es gäbe vor der Beisetzung noch eine kleine Trauerfeier in der Kapelle, da hätte ich mich unauffällig rein schleichen können, aber als ich ausgestiegen bin, waren alle schon auf dem Weg ins Restaurant. So gab es zwar wenigstens einen ruhigen Moment am Grab, aber der war dann doch zu kurz und ärgerlich war das alles schon, schließlich war ich ja für die Beisetzung und nicht für die Fremden an der Kaffeetafel gekommen. Also eigentlich war ich gekommen, um Tschüss zu sagen und um da zu sein. Nicht für dich. Also auch für dich. Aber du weißt für wen. Das war ich dann auch. Auf der Rückfahrt zum Beispiel und vielleicht war meine Anwesenheit da auch viel wichtiger als bei der Beisetzung, aber es fühlt sich trotzdem komisch an. Immer noch. Das alles… An dieser Stelle würde ich mich sonst vielleicht mit sowas wie einem „Pass auf dich auf!“ verabschieden, aber in diesem Fall müssen wir eher auf uns aufpassen. Jeder auf sich und gegenseitig sowieso. Aber das ist eine gute Aufgabe. – Freerk


Wie wenig nütze ich bin,
ich hebe den Finger und hinterlasse
nicht den kleinsten Strich
in der Luft.

Die Zeit verwischt mein Gesicht, sie hat schon begonnnen.
Hinter meinen Schritten im Staub
wäscht der Regen die Straße blank
wie eine Hausfrau.

Ich war hier .
Ich gehe vorüber
ohne Spur.
Die Ulmen am Weg winken mir zu wie ích komme,
grün blau goldener Gruß,
und vergessen mich,
eh ich vorbei bin.

Ich gehe vorüber –
aber ich lasse vielleicht
den kleinen Ton meiner Stimme,
mein Lachen und meine Tränen
und auch den Gruß der Bäume am Abend
auf einem Stückchen Papier.

Und im Vorbeigehn
ganz absichtslos,
zünde ich die ein oder andere Laterne an
in den Herzen am Wegrand.

(H. Domin)