Jahr: 2022

Sonntag Abend im Hit Ullrich Verbrauchermarkt am Bahnhof Zoo. In der langen Schlange an den Kassen meine ich vier Gruppen zu unterscheiden:

1. Die Internationalen, die noch nicht an den deutschen Sonntag gewöhnt sind.
2. Die Ausgestoßenen und die Partytiere, nicht nur am Outfit zu unterscheiden, sondern auch an der Qualität des Alkohols und der Snacks, aber sie gehören zusammen, denn beide können kaum darauf warten.
3. Die alten Junggesellen mit einer einzelnen Packung Cordon bleu aus der Tiefkühltheke.
4. Und solche wie uns, die Spaziergänger, die ein Ziel brauchten und die Chance nutzen, um Kleinigkeiten zu besorgen, die das Essen oder den Abend angenehmer machen. Den Mann mit dem WC-Reiniger zähle ich dazu.

Arbeitslager Co-Working, Gewaltmarsch Spaziergang, GroßEinkauf, Kuchenplatte, Close Reading Lesen, Science-Fiction-EposSerie

Nach anderthalb Tagen Nichtstun, Dumpfheit und Junkfood rast mein Kopf. Ich will zwei Texte gleichzeitig lesen, parallel in drei Tabs recherchieren und mehrere Streams nebeneinander anschauen. Schönes Gefühl, wieder Lust auf Wissen und Welt zu haben, aber auch etwas peinlich, mal wieder nicht geschafft zu haben, rechtzeitig eine Pause zu machen.

Manchmal, wenn ich Nachhinein einen Eintrag schreibe und mir nicht einfällt, zähle ich ja einfach auf, was ich gesehen oder gegessen habe. Manchmal ist mir aber selbst das zu peinlich festzuhalten.

Aufs Sofa umziehen.

Was malst du da?

Ein Haus mit Kamin, Sauna, Badewanne, einer Sofalandschaft mit Ausblick in die Landschaft, einem großen Tisch für Menüs und Gesellschaftsspiele, Gästezimmern, einem Tanzsaal, einer Werkstatt und einer Bibliothek. Ach, und natürlich ist ein Baumhaus.

Natürlich.

Kann ich mich erinnern, wann ich den letzten Kettenbrief weitergeschickt habe? Keine WhatsApp Nachricht, die mir Glück und Wohlstand verspricht, sondern einen echten Brief aus mehreren gestalteten Bögen aus schwerem Papier? Nö.

Im Umschlag sind drei Listen, in die ich mich eintragen soll. Die erste fragt nach einem Gericht, das ich empfehle, die zweite nach einem Buch und die dritte nach einem Internetgeheimtipp. Die bisherigen Einträge wollen einen guten Eindruck bei den späteren Leser:innen machen. Zumindest unterstelle ich es ihnen, weil es mir genauso geht. Niemand schreibt über Pommes, Harry Potter und Katzenvideos. Eingelegtes und Antirassismus sind die sicherere Wahl. Ich überlege kurz aus Prinzip gegen die Gruppe … reihe mich dann aber ein und setze „herausfinden, was Briefe mittlerweile eigentlich kosten“ auf meine Liste für morgen.