Monat: August 2020

16.08.2020

Es ist schon der neue Tag, da machen wir uns noch mal auf zur Badestelle. Der Asphalt unter den Füßen ist immer noch warm, der Mond versteckt sich am wolkenfreien Himmel. Das Bier in den Sand gebohrt, die Kleidung über eine Bank geworfen, waten wir schweigend in den See. Meine Haare riechen nach Lagerfeuer. Das Wasser ist frisch, aber nicht kalt. A. jauchzt vor Freude. Ich mache ein paar Züge, lasse mich dann auf dem Rücken treiben und tauche in die Milchstraße.

15.08.2020

Wochenendausflug in die Uckermark. Hier haben die Gründer:innen unserer WG vor 20 Jahren einen Hof gekauft an einem See gekauft und veranstalten seitdem jedes Jahr ein Sommerfest. Dieses Mal ohne Scheunendisco und mit Personenbeschränkung für die Küche.

„Wart ihr da nicht so alt wie wir jetzt? Wie habt ihr das …?“
„Naja ihr wisst ja, wie das ist. Man studiert, arbeitet nebenher und weiß nicht wohin mit dem Geld.“
„…“

14.08.2020

Drei Tassen Tee, ein Kapitel, Sechstausend Zeichen, ein Kaffee, zehn Minuten schlafen, fünf Liter Olivenöl, ein Gedichtband, zwei Kugeln Eis, eine Briefmarke, zwei Bier.

13.08.2020

Auf Clärchens Lied im dritten Aufzug von Goethes Egmont („Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein; Langen und bangen in schwebender Pein; Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt; Glücklich allein ist die Seele, die liebt.“) antwortet die Mutter mit: „Lass das Heiopopeio.“ Sie lebt ein ganz anderes Leben als Clärchen, kaum übersetzbar. Sie träumt nicht von Überwältigung bis zum letzten Atemzug und vom endlosen Flow, wenn Sinn und Bedeutung zusammenfallen und sich ein Tor zu den Dingen zu öffnen scheint. Aber warum das alles, wenn nicht dafür, das versteht das Clärchen nicht. Hieße sich beisammenzuhalten nicht dieses Tor zur Welt zu verlieren und sich dabei erst recht? Zumindest male ich sie mir so aus. Natürlich habe ich das Stück nie gelesen.

 

12.08.2020

Bevor wir mit dem organisatorischen Teil des Treffens beginnen, reden wir zwei Stunden darüber was *Heimat* bedeutet, ob sie positiv besetzt sein muss und ob es wichtig ist, mit so etwas aufzuwachsen. Wenn man zum Beispiel Rand von Berlin aufgewachsen ist, ab welcher S-Bahn Station fängt dann die Heimat an? T. fragt sich, was sie gerade ihren Kindern zumutet und erzählt von den Schulfreundinnen, die mittlerweile zurück in die Nähe von Wolfsburg gezogen sind und in Häusern mit Garten und Carport wohnen. Zehn Meter weiter auf der Wiese sagt ein Mädchen zu ihrer Freundin: „Hör mal auf so unglücklich auszusehen und ex den Wodka.“ Kurz darauf hält die Freundin ihr ein Handy hin und ruft entsetzt: „Ohaaa, aber die sieht ja aus wie dreißig“. Unvorstellbar alt.

11.08.2020

Alle Sternschnuppenächte sind miteinander verbunden.
Alle schläfrigen Gespräche und alle Hände.

10.08.2020

Wieder einer von den Zufällen, bei denen ich nichts anderes weiß, außer laut aufzulachen. Im ersten Kapitel des dicken Buchs, das ich nach Monaten auf dem Nachttisch endlich anfange, um mir nicht Gedanken über wichtigere Dinge machen zu müssen, findet eine der Hauptfiguren beim Joggen im Tiergarten an einer Stelle, an der auch ich immer vorbeilaufe. Außerdem ist er in einem ähnlichen Alter, denkt über ähnliche Dinge nach und kommt aus der gleichen Gegend. Das Buch beginnt mit Schneefall, was bei über 30 Grad sehr gelegen kommt.

Die Dinge kommen in dem Moment zu einem, in dem sie ins Leben passen, bzw. fügen sich nur dann so ein, dass es anmutet, als sei alles Teil eines Plans. Dabei ist die Lektion nicht, dieses Gefühl mit dem Schicksal oder einer göttlichen Ordnung zu verwechseln, sondern es ist die Ermutigung dem Bauchgefühl zu vertrauen, dass der richtige Zeitpunkt für ein Buch schon kommen wird. Der Stapel wirft mir nichts vor, sondern die Texte reifen und warten auf ihren Auftritt.