Jahr: 2020

19.08.2020

Das Heimelige und das Unheimliche wollen so wenig miteinander zu tun haben, dass sie ihre Endungen auf Abstand halten. Aber ich komme mit einer Leine und einem dreiwöchigen Schreibplan um die Ecke. Lieber zu spät als gar nicht.

18.08.2020

Kaum habe ich einen Arbeitsmodus gefunden, der mich zufriedenstellt, will man (die Umstände, die Gegebenheiten, die Gesellschaft, das System) ihn mir auch schon wieder wegnehmen. Zulange auf das Wichtige konzentriert, häuft sich schon wieder das Dringende an. Damit umzugehen ist natürlich schwierig, wenn das Ich vor allem im Spiegelbild existiert. Das Externe ist zu abstrakt, kommt nur am Rande des Blickfelds vor, wird zum Problem wenn es den Blick versperrt. Das Dringende muss also wichtig werden, und zwar aus mir heraus, aus Not oder weil es einen Selbstzweck gefunden hat.

In der Eisenhower Matrix ist das Dringende gut definiert: Es ist das von außen drängende (die Umstände, die Gegebenheiten, die Gesellschaft, das System), aber wie ist es mit dem Wichtigen? In Organisationsdiagrammen geht es um Ziele. Wichtig ist, was für das Erreichen des Ziels wichtig ist. Aber nicht alles Wichtige wirkt auf ein Ziel hin. Ganz im Gegenteil. In meiner Welterfahrung ergeben sich Ziele meist erst aus der Wichtigkeit des Tuns, müssen im Spiegel ständig neu beschworen werden.

An anderer Stelle stoße ich heute auf einen Dialog von Sokrates:

Einst wandelte Sokrates durch die Strassen von Athen. Plötzlich kam ein Mann aufgeregt auf ihn zu. „Sokrates, ich muss dir etwas über deinen Freund erzählen, der…“ „Warte einmal, „unterbrach ihn Sokrates. „Bevor du weitererzählst – hast du die Geschichte, die du mir erzählen möchtest, durch die drei Siebe gesiebt?“ „Die drei Siebe? Welche drei Siebe?“ fragte der Mann überrascht. „Lass es uns ausprobieren,“ schlug Sokrates vor. „Das erste Sieb ist das Sieb der Wahrheit. Bist du dir sicher, dass das, was du mir erzählen möchtest, wahr ist?“ „Nein, ich habe gehört, wie es jemand erzählt hat.“ „Aha. Aber dann ist es doch sicher durch das zweite Sieb gegangen, das Sieb des Guten? Ist es etwas Gutes, das du über meinen Freund erzählen möchtest?“ Zögernd antwortete der Mann: „Nein, das nicht. Im Gegenteil….“ „Hm,“ sagte Sokrates, „jetzt bleibt uns nur noch das dritte Sieb. Ist es notwendig, dass du mir erzählst, was dich so aufregt?“ „Nein, nicht wirklich notwendig,“ antwortete der Mann. „Nun,“ sagte Sokrates lächelnd, „wenn die Geschichte, die du mir erzählen willst, nicht wahr ist, nicht gut ist und nicht notwendig ist, dann vergiss sie besser und belaste mich nicht damit!“ (Stangl, 2020).

Wahrheit und Güte sind wichtig, Notwendigkeit drängt.

Wahrheit meint dann vielleicht: Macht es mich das, was da vor mir liegt, weiser? Bringt es mich dem Wissen um meine Unwissenheit näher? Und die Güte fragt: Tue ich anderen oder meiner Seele mit diesem Vorhaben etwas Gutes?

Es sind die Fragen nach den letzten entscheidenden Zielen.

17.08.2020

Notiz an mich: Mehr Nippeltexte schreiben.

16.08.2020

Es ist schon der neue Tag, da machen wir uns noch mal auf zur Badestelle. Der Asphalt unter den Füßen ist immer noch warm, der Mond versteckt sich am wolkenfreien Himmel. Das Bier in den Sand gebohrt, die Kleidung über eine Bank geworfen, waten wir schweigend in den See. Meine Haare riechen nach Lagerfeuer. Das Wasser ist frisch, aber nicht kalt. A. jauchzt vor Freude. Ich mache ein paar Züge, lasse mich dann auf dem Rücken treiben und tauche in die Milchstraße.

15.08.2020

Wochenendausflug in die Uckermark. Hier haben die Gründer:innen unserer WG vor 20 Jahren einen Hof gekauft an einem See gekauft und veranstalten seitdem jedes Jahr ein Sommerfest. Dieses Mal ohne Scheunendisco und mit Personenbeschränkung für die Küche.

„Wart ihr da nicht so alt wie wir jetzt? Wie habt ihr das …?“
„Naja ihr wisst ja, wie das ist. Man studiert, arbeitet nebenher und weiß nicht wohin mit dem Geld.“
„…“

14.08.2020

Drei Tassen Tee, ein Kapitel, Sechstausend Zeichen, ein Kaffee, zehn Minuten schlafen, fünf Liter Olivenöl, ein Gedichtband, zwei Kugeln Eis, eine Briefmarke, zwei Bier.

13.08.2020

Auf Clärchens Lied im dritten Aufzug von Goethes Egmont („Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein; Langen und bangen in schwebender Pein; Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt; Glücklich allein ist die Seele, die liebt.“) antwortet die Mutter mit: „Lass das Heiopopeio.“ Sie lebt ein ganz anderes Leben als Clärchen, kaum übersetzbar. Sie träumt nicht von Überwältigung bis zum letzten Atemzug und vom endlosen Flow, wenn Sinn und Bedeutung zusammenfallen und sich ein Tor zu den Dingen zu öffnen scheint. Aber warum das alles, wenn nicht dafür, das versteht das Clärchen nicht. Hieße sich beisammenzuhalten nicht dieses Tor zur Welt zu verlieren und sich dabei erst recht? Zumindest male ich sie mir so aus. Natürlich habe ich das Stück nie gelesen.