Monat: Mai 2021

24.05.2021

(Not so) Sudden Sadness und Frühlingswetter Madness und die Schwalben kreischen aggressiv beim Sturzflug über den Balkon. Alle horny, oder sie wollen uns vor einer schrecklichen Naturkatastrophe warnen, wer weiß das schon.

23.05.2021

Bei meinen Tagesausflügen zeichnet sich ein Muster ab. Ich lande immer wieder in Mooren und Wiesenlandschaften, mit wiegenden Gräsern und vereinzelten Bäumen und Büschen. Vielleicht sind es die Stadtaugen, die sich weite wünschen, vielleicht aber auch die Pferde und zotteligen Hochlandrinder, die stur im Sumpf und Wind stehen.

Wie jedes Mal nehme ich mir auch etwas zum Lesen und Schreiben mit und wie jedes Mal, komme ich nie an, sondern raste nur.

22.05.2021

Das ist ja wie im Restaurant, nur besser, weil man hier keine Angst vor COVID haben muss, sagt sie, aber ich denke, es ist wie im Restaurant, nur schlechter, weil hier der Koch mit am Tisch sitzt und sieht, dass ich vor allem Hunger habe und wie egal es mir ist, welcher Wein als Nächstes aufgemacht wird.

21.05.2021

Wir entscheiden über die Mitbewohnerinnenfrage auf Schmierpapier mit elaborierten Design Thinking Methoden aus dem Improvisationsmethodenkoffer.

„Wir haben uns jetzt doch für deine Konkurrentin entschieden, weil einer von uns dich zu heiß findet.“, ist ja wohl nicht die schlimmste Absage, die man bekommen kann.

20.05.2021

Ich habe mir endlich eine Sonnenbrille gekauft. Der Post-it wusste nach drei oder vier Jahren gar nicht, wie ihm geschah, als er im Mülleimer verschwand. Seine greisen Nachbarn zittern nervös.

19.05.2021

Ein Brillenfachgeschäft in einer Seitenstraße des Kurfürstendamms. Ich war schon lange nicht mehr in einem Laden, der kein Supermarkt oder eine Drogerie ist, aber noch länger nicht mehr in einem, in dem ich mich so underdressed und von den Blicken der Verkäuferinnen bewertet gefühlt habe.

Aus Trotz mache den Laden extra ein bisschen länger uncool als ich müsste und lasse mir mit den Selfies Zeit. Wie haben das denn die Menschen früher gemacht? Ihre Freunde mit in den Laden genommen, oder wie? Aber die musste auch noch nicht das Gesicht unter der Maske mitdenken.

18.05.2021

Beim Frühstück bekomme ich einen Anruf von „Christian Zug Salem Fjodor“.

Achja… Christian…

Er hatte meiner Mitbewohnerin am Vorabend eine Mail geschrieben, in der er beschreibt, wie schade es doch gewesen sei im Zug aus Berlin nicht genug Zeit gehabt zu haben, er hätte sie ja gerne noch auf einen Kaffee, der olle Fjodor hätte es ja nicht eilig, Salem sei natürlich ein ganzes Stück, aber falls sie mal in Nürnberg sei, könne sie sich ja mal melden.

Nun wohnt meine Mitbewohnerin gar nicht in Salem. Das wäre mir aufgefallen. Und sie ist in der letzten Zeit auch nicht mit dem Zug nach Süden gefahren. Es lag also eine Verwechslung vor. Eine Verwechslung, die viele Fragen aufrief: Ist Christian ein unangenehmer Typ, der Internatsschülerinnen im Internet nachstellt? Wie kommt er darauf das es sich bei seiner Begegnung um meine Mitbewohnerin handeln könnte? Braucht sie für solche Situationen doch besser ein Bild von sich auf ihrer Website? Und am drängendsten: Hat Christian sich nur nicht getraut nach ihrer Nummer zu fragen, oder hat sie ihn abblitzen lassen?

Weil er von seiner Dienstadresse schreibt haben wir ihn schnell ausfindig gemacht, eine Handynummer ist auch angegeben, also rufe ich an, aber um 22 Uhr geht nur die Mailbox ran. Ich lege schnell wieder auf und speichere mir die Nummer ab, falls er zurückruft. Dass er das schon vor neun macht, kann ich ja nicht ahnen und natürlich versäume ich im folgenden Gespräch zu fragen, ob er bei der unbekannten Nummer auf dem Display an seine Angebetete aus dem ICE gedacht hat.