Monat: September 2021

09.09.2021

Natürlich geht es mit einem gewissen Sicherheitsrisiko einher an einer lauen Spätsommernacht, leicht angetrunken, mit Musik auf den Ohren und mit voller Geschwindigkeit auf einem elektrischen Tretroller die Spree entlangzufahren, aber das sind die Opfer, die gebracht werden müssen für die Filmszenen im Kopf

08.09.2021

Sinnfragen vor dem Einschlafen mit Gottkomplex: Was, wenn die langsame Verbesserung aller Dinge im Privaten, die stetige optimistische Bewegung Richtung Zukunft, mit der allgemeinen globalen Verschlechterung zusammenhängt oder diese gar verursacht?

Natürlich weiß ich, dass es von ein paar Sachen wie dem Klimawandel abgesehen, eigentlich insgesamt immer besser wird für die Menschheit. Aber das könnte ja dann bedeuten, dass vielleicht auch mein Glücksempfinden nur auf Abstumpfung, Hormoncocktails und Autosuggestion zurückzuführen ist und genauso statistischer Quatsch ist?

Das Komplizierte ist ja das beides stimmt. Die Doomsday Uhr war noch nie so kurz vor und trotzdem gibt es Grund zum Feiern. Je älter ich werde, desto mehr kann und wird passieren und desto besser fügt es sich in alles ein.

07.09.2021

Bevor du etwas nicht tust, um die Aufmerksamkeit nicht auf dich zu lenken um Unangenehmes zu vermeiden um jemanden zu schonen, frage dich, ob du nicht lieber darauf vertrauen solltest, dass die Person schon selber weiß, wann sie sich schonen muss.

06.09.2021

Alles ist fürs Yoga vorbereitet: Ich habe Lust auf Bewegung, muss raus aus dem Laptopnacken in die Weite, jetzt ist genau der richtige Moment zwischen Mahlzeiten und Terminen. Perfektes Timing und die Sonne scheint. Die eine Hälfte des Balkons ist freigeräumt, zwei dünne Yogamatten liegen genau übereinander, ein Blockersatz daneben. Ich bin bereit und so sehe ich auch aus, in Shorts und oberkörperfrei, mit ein bisschen Sonnencreme auf der Nase und der auf Brust, Schultern nach hinten, tiefer Atmen. Los gehts mit einer Meditation, räkeln und dehnen nicht vergessen und dann liege ich eine Viertelstunde auf dem Rücken, bevor ich heiß duschen gehen.

05.09.2021

Das Paar, das vor anderthalb Jahren nicht zusammengezogen ist, sondern testweise in eine gemeinsame Zweier-WG, weil diese eine Wohnung halt überraschend freigeworden war, verkündet nun: „Ihr seid alle nächstes Jahr eingeladen zu unserem großen Fest, aber es ist keine Hochzeit. Wir haben schon zwei Leute für die Fotos angefragt und welche für die Musik. Es gibt einen Verantwortlichen für Spiele (aber bitte keine peinlichen), der Ort steht fest und ich weiß auch schon, was ich nicht tragen werde, aber es ist keine Hochzeit und trotzdem wäre es gut, wenn ihr euch dieses Wochenende August 2022 freihalten würdet und bitte keine Geschenke.“

04.09.2021

Statt ins Grüne zu fahren, radel ich nach Friedrichshain, um einen Luftbefeuchter von eBay Kleinanzeigen abzuholen. Den Stiftung Warentest Testsieger, der neu 120 Euro kostet für nur fünf Euro! Ich muss nur einen neuen Filter kaufen, der kostet 13 Euro und für insgesamt 18 Euro ist das ganze ja immer noch ein Schnäppchen, denke ich, Bewegung ist Bewegung und der Feinstaubfilter im Schlafzimmer soll sich ja lohnen. Wenn dann einmal die Luftfeuchtigkeit optimal ist, dann geht es meinen Pflanzen besser und meine Nase ist nachts nicht mehr so verstopft und sowieso wird sich meine Lebensqualität mit dieser Anschaffung verbessern, aber dann werde ich abgelenkt, denn Instagram weiß genau, was mir noch fehlt: Protein- und Vitaminpulver mit veganen Probiotika für die Verdauung, ein E-Ink Tablet, um endlich mal wieder Fachtexte zu lesen, eine smarte Schreibmaschine für ablenkungsfreies Schreiben, einen höhenverstellbaren Schreibtisch zum Zusammenstecken aus zertifizierten Hölzern und ein minimalistisches Smartphone, das Achtsamkeit fördern soll, indem man keine Apps darauf installieren kann.

03.09.2021

Vor der Reform-Moschee ein paar Straßen weiter („für einen progressiven, zeitgemäßen Islam“), deren Schild man nur findet, wenn man danach sucht, steht freitags immer der Objektschutz. Ob die Gründerin auch da ist, erkennt man ganz gut daran, ob statt des Opel Corsa der Polizei die schwarzen Audilimousinen des LKA vor der Tür stehen. Beim Termin mit Annalena Baerbock hatte ich ja auch schon mit Personenschützern zu tun, aber die wirkten im Vergleich zu den sportlichen Männern mit Knopf im Ohr, welche die ältere Frau heute zum Auto begleiten, eher wie Auszubildende. So sieht es aus, wenn ein Leben nicht nur abstrakt oder potenziell bedroht wird, sondern wenn es konkret bedroht wird. Aber sie lacht. Laut Wikipedia hatte sie schon viel Zeit um sich an dieses Leben gewöhnen zu müssen.