Monat: Januar 2022

31.01.2022

Mit dem Multimeter in der Spülmaschine knien,
die Sitzung mit Kamillentee auf der Hose eröffnen,
dreimal um den Tisch laufen und auf absenden klicken.

Ich lamentiere nicht, sondern stelle fest und bleibe wach, weil ich mich angeblickt weiß, obwohl mich die anderen im Zoom gar nicht sehen, wie ich später feststelle.

30.01.2022

Montagsmonster, Wangenbeißen, Schnecke ich mansplaine dir den Park und die Vögel, öffne deine Chakren und dann fahren wir nach Südfrankreich, aber alles auf Englisch und in einer restaurierten Scheune irgendwo in den Rocky Mountains gesungen, mit Rowdys, die Gitarren und Kuchen anreichen.

29.01.2022

Der Tag beginnt, neben mir sitzt, streckt und reckt sich, da hätte ich fast schon wieder den falschen Namen gesagt, und ich überlege, ob es wirklich schlau ist auf Reddit nachzuschauen und wie man „auf der Zunge liegen“ am besten übersetzt.

28.01.2022

Ich koche erst den übrig gebliebenen Rettich ein, und weil der Sellerie den Ofen eh für drei Stunden belegt, stelle ich die ersten vierzig Minuten noch ein Bananenbrot dazu. Wenn die Gemüsekiste die Zerstreuung diktiert, dann könnte man das fremdbestimmt nennen, aber nur wer den Launen nachgibt und sich den Resten fügt, kann am Abend auch Lob ernten und satt und glücklich beim Spieleabend jede Runde verlieren.

27.01.2022

Ich war tapfer beim Arzt, aber statt Eis gibt es trotzdem Trost, ein von Judith Schalansky gestalteter Band mit vier fünf Essays von Hanna Engelmeier, bei dem die Aufgabe angeblich war, das Cover bloß nicht nach Selbsthilfeliteratur aussehen zu lassen. (Es ist immer dasselbe, eigentlich hatte ich die Buchhandlung natürlich nur betreten, um meinen Vorrat an Postkarten für alle Gruß- und Geburtstagsfälle zu kaufen. Statt in Mark reche ich in Tanzstunden um.)

Mein Hausarzt zeigt mir eine Morddrohung, die er vor Kurzem bekommen hat. Zwei Seiten, eng handschriftlich geschrieben und wirr formuliert, aber die Botschaft ist eindeutig. Auch lyrisch formuliert ist eine Enthauptung eine Enthauptung. Seine Sprechstundenhilfe hat auch eine Kopie bekommen, jetzt macht er erst mal für ein paar Tage die Praxis zu.

26.01.2022

Schlechte Sichtverhältnisse und die fehlende Brille sorgen beim Joggen dafür, dass ich von den Demonstranten am Ende der Paradestraße nur die Blaulichter der Absperrungen sehe. Besser so.

25.01.2022

„Schreiben ist wie schlafen“, behauptet die selbsternannte Prokastinationsexpertin in ihrem Podcast, nachdem sie einen selbsternannten Schlafexperten in einem Fitnesspodcast über erholsamen Schlaf hat reden hören. Es gehe um Tiefe, Dauer, Kontiunität und Regelmäßigkeit. Soweit so gut und schnell wieder vergessen.

Später, auf dem Fahrrad, taucht das Thema wieder in einem Podcast von zwei selbsternannten Laberexperten auf. Einen von beidem falle das zu Bett gehen leichter, seitdem er jeden Morgen schreibe, außerdem schlafe er besser. Und schon diese Dopplung reicht aus, damit ich meinen Blick von der Straße kurz zum Himmel wende um ein „ist ja schon gut, habe verstanden“, in den Nieselregen zu nuscheln. Ich bin einfach zu überzeugen, aber ein bisschen Umworben werden will ich dann ja doch.