Tagesziele:
- Das von der Nase tropfende Wasser muss den Grund des Trudels treffen, bis die Wanne leer ist.
- Die letzten Seiten von Andrea Scrima: Wie viele Tage.
seit 2016 [2009]
Tagesziele:
Sprachlos, dabei habe ich den Nachmittag in der Bibliothek zwischen Texten verbracht. Aber Fach- keinen Gefühlstexten. Und so ohne Worte kann man auch nicht im Internet nach der passenden gefühlsverstärkenden Musik suchen.
Sprachliche Lücken weisen oft auf andere Lücken hin. Eigentlich wäre heute Joggen dran gewesen. Ist es das?
Ameisenhaufen im Kopf 2.
Zwischen einem Dutzend Gästen, einem Waffeleisen und dem Zubereiten von Gin Tonics haben die aber wenigstens eine Aufgabe.
Ameisenhaufen im Kopf 1.
Eine Verkettung von Kränkungen und Verdrehungen:
In „The Great Replacement“ interviewt der Attentäter von Christchurch sich selbst. Zwei Fragen fallen mir auf:
Did you commit the attack to receive media coverage and to
propagate your own writings/beliefs/ideals?No, the attack was a end in itself, with all the necessary affect required.
These writing, and their coverage, are just a bonus.
und
Is this your complete writings and views?
Unfortunately not, there was a much larger work written, roughly 240
pagies long that spoke on many issues and went into much depth, but in a
moment of unbridled self criticism, I deleted the entire work and started
again, two weeks before the attack itself.I was left with a short period of time to create a new work and only leave
my views half finished. I will let my actions speak for themselves.
Vielleicht stimmt das, vielleicht ist es aber auch nur Teil seiner Medieninszenierung. Aber egal was die Absicht ist. Zwischen den Worten steckt affektiver Druck der mehr als Real werden möchte. Er tut mir leid.
„Erzählen bedeutet eine Entlastung vom Schock des Neuen, Fremden und Abweichenden. Der phänomenologische Raumtheoretiker Hermann Schmitz nennt diesen Schock, der einer Handlungshemmung gleichkommt, ‚primitive Gegenwart’, in der Ich, Hier und Jetzt zusammenfallen. Erst durch die Dehnung der Zeit entstehe Reflexions- und Handlungsraum. Diese Dehnung kann durch das Erzählen erfolgen, indem die gemachte Erfahrung in gestaltete Rede verwandelt wird. […] Durch das Erzählen wird wieder eine Raum-Zeit gewonnen, also zeitlich nah vorne (Projektion möglicher Handlungsalternativen) wie nach hinten (Erinnerung an bereits gemachte und bearbeitete Erfahrungen). Hermann Schmitz spricht in diesem Zusammenhang von ‚entfalteter Gegenwart’.“
So wie T. Düllo (Abwegen und Abschweifen. Versuch über die narrative Drift, 2015) es beschreibt könnte der Schock auch das Gespräch sein, von dem ich aufgeregt im Flur berichte, noch während ich mir die Schuhe ausziehe. Bei H. Schmitz (System der Philosophie, Bd. 3: Der leibliche Raum, 1967) klingt die „primitive Gegenwart“ aber viel bedrohlicher und seltener. Viel primitiver:
„Bei heftiger Angst sind für den Geängstigten die Momente Hier, Jetzt und Ich nicht mehr zu unterscheiden. […] Der tief Geängstigte will nicht mehr speziell das Hier oder das Jetzt verlassen, sondern er will sozusagen nur überhaupt noch weg, er will ausbrechen aus einer Enge, in die er sich getrieben fühlt. […] Wenn Angst oder Schmerz den Menschen ganz beherrschen, ist ferner die Enge, in der Hier, Jetzt und Ich zusammenschmelzen, das einzige unverwechselbare Dieses, das sich dann noch abhebt; alles Übrige tritt in gleichgültige Verschwommenheit zurück, und die sämtliche sonst über das Erlebnisfeld verstreute Eindeutigkeit kristallisiert gleichsam aus zu der isolierten Spitze, wovon der Mensch nicht loskommt, während er mit aller Gewalt fortstrebt. In dieser Spitz drängt sich dem Geängstigten oder Schmerzgepeinigten überdies unweigerlich das wirklich Dasein von etwas auf, und zwar mit unbezweifelbarer Gewissheit, weil mit der Distanz des Ich von der Enge auch die Möglichkeit des Zweifels verschwunden ist. Dieses Dasein ist dem Dieses, Hier, Jetzt und Ich um s stärker zu Ununterscheidbarkeit verschmolzen, je gebieterischer und zugleich ohnmächtiger der Impuls ‚Weg!’ und je schlichter damit die Enge ist, worin dieser Impuls aufgehalten wird. Diese schlichte Enge – den Zusammenfall der fünf Momente Hier, Jetzt, Dasein, Dieses und Ich – bezeichne ich als primitive Gegenwart.“
Wie Passt das zusammen, ein besonderer Schmetterling und ein Trauma?