Endlich muss man sich wieder Gedanken darüber machen, ob die Musik zu laut ist, wenn man nach dem Essen auf dem Balkon hängen bleibt. Endlich wieder Teelichter.
Jahr: 2021
03.06.2021
Wenn ich nach dem Essen auf dem Küchensofa sitze und durch YouTube/Instagram/TikTok/Twitch scrolle füllt sich normalerweise langsam ein kleiner Selbstverachtungstank, der irgendwann kippt und dann den Schwung zum Aufstehen bereitstellt. Das System ist nicht nachhaltig, aber funktioniert und ist historisch gewachsen.
Interessant ist, dass der Kippmoment des Tanks vollkommen unabhängig vom Füllvolumen ist. Vielleicht ist auch die Tankgröße oder der Zufluss nicht konstant (an dieser Stelle entgleitet mir die Metapher) aber auf jeden Falls überrascht mich mein Aufstehen in der Regel selber.
Interessant ist, dass ich, immer noch mit Paracetamol ruhig gestellt, problemlos vier Stunden so auf dem Sofa sitzen kann, ohne mich zu bewegen und dann nur aufstehen, weil es Zeit ist, etwas zu essen zu machen.
02.06.2021
Schüttelfrost und Fieber.
01.06.2021
Gruppenimpfeinweisung im Wartezimmer. Der Arzt hört sich gerne die großen und kleinen Zusammenhänge erklären und gleich zwölf auf einen Schlag, so eine Chance muss er ja nutzen, und er nutzt sie, wenn ich das richtig verstanden habe, jeden Tag mindestens einmal, mehr Impfstoff ist leider noch nicht erhältlich.
31.05.2021
Leipzig: „Bisschen Öko. Bisschen egal.“
Jongleure und Schmuckbastler in den Parks und auf den Brücken, aber die echten Südamerikaner fahren Einkaufslieferungen aus (10 Minuten! Garantiert!). Als ich etwas Zeit rumbringen muss, gehe ich erst eine Straße entlang, die auch in Berlin sein könnte, also drehe ich wieder in die Wohnviertel ab. Zwischen zwei Villen stehen alte Garagen vor denen tätowierte Männer Bier zwischen Autos trinken, die eher aus Versehen Oldtimer geworden sind. Ich finde einen kleinen Park und setze mich erschöpft auf eine Bank. Auch diese Wiese ist voller Mid-Twenties, die Akrobatikspiele spielen. Auf die Bank neben mich setzt sich ein Mann, der Heroin, und noch viel nervenzehrender, einen Monolog über seinen Führer auspackt.
Auch hier muss es ja zarte Seelen geben, die veröffentlichen ja auch die ganzen Literaturmagazine, die aus Leipzig kommen, aber die haben wohl irgendeine Strategie mit der Stadt klarzukommen.
„Bin ich auch rough?“, fragt T.
Naja.
30.05.2021
- Sie verlässt die Wohnung, bevor irgendjemand aufsteht, lässt nichts zurück, das man noch irgendwann abholen müsste, wenn sie zurück in die Stadt kommt, nicht mal eine ihrer vielen Pflanzen für mich, um die ich mich so oft gekümmert habe, schreibt noch die Kontonummer für die Kaution in die Gruppe, das sie ohne Schraubenzieher, die eine Lampe leider nicht mehr dran montieren konnte und dann verlässt sie den Chat. So viel Kuchen können wir gar nicht essen, wie das wehtut.
- Dehn- und Tanzübungen im Park nach Anleitungen eines Trainers in Australien. Vielleicht will ich aber auch nur die neue Sonnenbrille ausführen. Als ich erschöpft und verschwitzt im Gras liege, bekomme ich einen Anruf.
- „Hallo, ich bin geistesabwesend in den falschen Zugteil gestiegen, aber in Bitterfeld kann ich noch mal umsteigen, oder?“, sage ich ungeduscht zum Schaffner auf dem Weg nach Leipzig (gerade noch Frankfurt), weil T. gefragt hat, ob ich vorbeikommen kann und von wo ich meine Mails schreibe, ist ja egal. Nur zur Impfung am Dienstag will ich zurück sein.
29.05.2021
Ein ganzer Tag im Stadion, aber niemand darf den Rasen betreten, denn der ist frisch gedüngt und hochgiftig, sagt der Platzwart. Die Farbe passt aber nicht die Werte. Es gibt sogar Fanblöcke auf der Tribüne, aber die grölen weniger, sondern tuscheln eher, nur manchmal hebt jemand die Stimme echauffiert sich darüber, dass ein Großteil des alten Kaders nicht wieder aufgestellt wurden. Na gut, die grüne Jugend, die grölt.