Jahr: 2023

26.04.2023

Kniffeln und Portwein.

25.04.2023

Ich beaufsichtige die Einleuchtung und werde dabei angeleuchtet, weil sonst niemand da ist, der sich ins Licht stellen kann. Dass das notwendig ist, leuchtet mir ein, nur nicht, dass jeder unbequeme Winkel dabei ausgeleuchtet werden muss. Erst als die Lampen schon lange wieder aus sind, geht mir ein Licht auf.

24.04.2023

Mein Montagskurs fällt aus. Beim Ersatztanzen merke ich, dass ich meine Sporthose vergessen habe, aber der Lehrer leiht mir seine Ersatzhose. Weil meine Konzentration immer knapp vor dem Ende der Stunde aufgibt, schaue ich die letzten Minuten von der Ersatzbank aus zu und frage mich, ob es besser gewesen wäre, das Abendessen nicht nur eine Reihe von Snacks zu ersetzen. Alles ersatzlos streichen.

23.04.2023

Ich rolle über das Parkett wie der Maiskolben über den Grillrost. Stockend. Aber an sich schon eine heiße Angelegenheit. Zu heiß soll es aber auch nicht sein, da wo wir hinfahren diesen Sommer. Italien oder an den Balkan wäre günstig zu erreichen, aber die Hitze – damit komme ich nicht klar. Wenn hier einer glüht, dann ich. Den Klimawandel begreife ich vor allem als narzisstische Kränkung gegen meine Funktion als wandelnde Wärmflasche.

22.04.2023

Gestern wurde es spät. Meine Abfahrt verzögert sich deshalb bis zum frühen Nachmittag, aber nicht nur deswegen. Aufgrund einer Verwechselung stand die Biokiste, die wir jeden Freitag bekommen, über Nacht im Treppenhaus. Als ich sie reinholen will, finden wir darin eine junge Ratte, die völlig verängstigt zwischen Rotkohl und Radieschen kauert. Ein Nachbar sagt, wir sollen sie besser töten, aber weil die Tochter einer anderen Nachbarin aufgeregt zuschaut, haben wir eine gute Ausrede, sie stattdessen gemeinsam im Hof freizulassen. Dann diskutieren wir noch eine Weile, was wir mit dem Gemüse machen sollen. Lokal und saisonal kostet.


Eigentlich will ich mit dem Fahrrad ins Grüne. Frühlingsinspektion habe ich das beim Aufbruch genannt und mich mit meiner Literaturzeitschrift auf einer Wiese sitzend vorgestellt, aber noch ein einige Kilometer vor dem anvisierten Naturschutzgebiet nördlich von Berlin, ist in einem der Dörfer ein Mittelalterfest ausgeschildert. Ich fahre ohne zu Zögern daran vorbei, aber nur um zwei Dörfer weiter in der Kreissparkasse Bargeld abzuheben. Wieder zurück ist alles genau so, wie ich es mir vorgestellt habe, vor allem die Leute und seine Vorurteile so bestätigt zu bekommen, hat ja auch immer etwas warmes und gemütliches. Zumindest für jemanden wie mich, der in einem anderen Leben selber mit dem Schwert in der Hand am Ufer des Sees auf den langsam heran rudernden Angriff der Wikinger gewartet hätte. Stattdessen freue ich mich über den regenbogenfarbenen Strohhalm in meinem Eiskaffee und darüber, dass zumindest ein paar der abwesenden Väter nicht weiß zu sein scheinen.


Noch knapp in Brandenburg gibt mein Vorderreifen auf. Weil ich noch vor wenigen Tagen einen Platten hatte, habe ich kein Flickzeug auf meinen Ausflug mitgenommen und gerade weil wir Menschen manchmal so denken, mache ich mir Sorgen um unsere Zukunft. Unsere Vergangenheit zupft derweil im blauen Kittel Unkraut im Vorgarten. Unsere Vergangenheit hat Vorgärten. Aber auch ich habe Glück, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, denn gerade geht die Sonne unter und bis zur nächsten S-Bahn-Station brauche ich zu Fuß keine Stunde.

21.04.2023

Aus dem Angrillen im kleinen Kreis wird dann doch etwas, was im Laufe des Tages und nach mehreren Selbst- und Ausgleichseinladungen irgendwann den Titel „kleines Grillfest“ bekommt. Und während die Maschine ohne Probleme die unangenehme Mail für mich formuliert, in der ich den Airbnb Host anbettele uns die Woche Ende August für etwas weniger Geld in seiner liebevoll eingerichteten Wohnung in Italien verbringen zu lassen, weigert sie sich den Grillrost zu reinigen, Kartoffeln zu schälen und die Einkäufe zu koordinieren, welche notwendig wurden, nachdem mit dem neuen Titel aus der Nachmittagsgemütlichkeit eine Vorabendaufregung geworden ist.

„Während der Turing-Test sich auf die Fähigkeit einer Maschine bezieht, menschliche Konversation zu simulieren, konzentriert sich der Aperol-Test darauf, ob eine Maschine durch die Erfahrung von Vergnügen oder Belohnung (in diesem Fall der Genuss eines Aperol Spritz) zum Übernehmen unangenehmer Haushaltstätigkeiten überreden lässt.“

20.04.2023

Der zweite Vortrag an dem Tag ist ein kompletter Reinfall. Damit die Rednerin nicht mein verzerrtes Gesicht sehen muss, starre ich auf mein Notizheft und schreibe folgendes Gedicht:

Hilfe ich verdumme
geh blöder raus als rein
der Vortrag geblabla
aha

Auf einem der durchsichtigen Plastikstühle im großen Saal finde ich später einen durchsichtigen Gummibärchenohrring. Wenn schon Gummibärchenohrringe, warum dann die durchsichtigen? Das kann ich mir nur mit Liebe zum Ananasgeschmack erklären. Aber warum dann keine Ananasohrringe? Mit meinem Freigetränk in der Hand gehe ich Ohrläppchen absuchen.